wenn ein Mensch, der uns nahesteht, schwer krank wird, dann ist das ein Schock.
Meist versagen "die Worte" - man ist hilflos, man versucht zu tun,was man kann, aber hat doch oft das Gefühl, dass man letztlich "daneben" steht, dass man nicht wirklich helfen kann.
Krankheit und Schmerz sind existenzielle Lebensabschnitte - das heißt aber auch, dass der Mensch letztlich in ihnen mutterseelen allein ist. Ich glaube, da darf man sich nichts vormachen. Selbst wenn man noch die Mama neben sich hätte, man ist ALLEIN
Ich erinnere mich an meine damals vielleicht 16jährige Tochter: ganz schlimme Kieferschmerzen wegen eines verwachsenen Backenzahns - es war so schlimm, dass man ihr kurzfristig Kokain gab. Da saß ich mit ihr vor der Ordination des Arztes, ihr Kopf an meiner Schulter, in stilles weinen, ich spüre ihren verkrampften Körper - es war wie in der Hölle: diese Hilflosigkeit, den Schmerz nicht abnehmen können, nicht wirklich helfen können...nur mit ihr da sitzen ....
Irmgard hat das als "Opfer" auf vielfältige Weise erlebt. Es berührt mich sehr, was sie von einem Gespräch - gestern erst- mit einer Freundin erzählt - in der Harmonie und Stille ihres wunderschönen Gartens am Rand von Wien
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Ich habe gestern einen schönen Tag in meinem Garten verbracht. Es war rundherum ruhig, nur die Vöglein haben ‚Lärm‘ gemacht, und die Krähen haben im Nu die Schüssel geleert, die immer mit Restln aus der Küche gefüllt ist, sobald ich in den Garten komme. Sie kennen bereits mein Auto – zumindest habe ich diesen Eindruck – und lauern schon am Haus gegenüber.
Eine Freundin hat sich angesagt und den Wunsch nach einem Brathendl geäußert, den ich zur Zufriedenheit erfüllt habe.
Es war harmonisch. Doch das war nicht immer so. Wir schwimmen zwar in vieler Hinsicht auf der gleichen Welle, haben aber dennoch zu einigen Bereichen des Lebens unterschiedliche Ansichten.
Was ja auch so sein soll und Diskussionsstoff liefert.
Doch im Zuge einer unserer gestrigen Gespräche wurde mir erst so richtig bewußt, wie sehr auch meine Freundin mein gesundheitlicher Schicksalsschlag getroffen hat. Sie, als ‚Bauchmensch‘ hätte alles herausgeschrien – geweint und immer nur geredet, während ich als ‚Kopfmensch‘ quasi die Luft angehalten habe und gehofft, daß alles bald vorbei ist; eine innere Blockade, wollen wir es Selbstbeherrschung nennen, die es mir nicht möglich gemacht hat, den Tränen freien Lauf zu lassen – was meinem Körper und meiner Seele bestimmt bekömmlich gewesen wäre.
Erst gestern habe ich erfahren, daß meine Freundin in dem Jahr, in dem ich erkrankte, mit der Nachricht von Krebserkrankungen zweier weiterer Freundinnen fertig werden mußte. Es war mir diese Tatsache sehr wohl bekannt, doch habe ich sie nicht in ein und demselben Jahr angesiedelt.
Was für meine Freundin – forciert durch die Schicksalsschläge ihrer Freundinnen - folgte, war eine für sie persönlich schwere und auch lange Phase von Krankheiten, die sich über ihren ganzen Körper erstreckten. Eine Infektion jagte die andere, und es waren praktisch alle Organe betroffen. Zum Glück konnte keine gravierende organische Ursache diagnostiziert werden, und mittlerweile ist sie wieder ‚die Alte‘, erfreut sich an allen schönen Dingen des Lebens und kann wieder genießen, etwas, das ihr enorm wichtig ist. Etwas, das auch ich mittlerweile wieder kann, aber in eingeschränkter Form – als ‚Kopfmensch‘.