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Donnerstag, 26. Januar 2023

Der Punkt der Göttlichen Gelassenheit

  

Ich gehe zur Akupunktur. Genauer gesagt, zum ersten Mal "versuche" ich Akupunktur. Geplagt von Kreuzweh denke ich mir, wird schon nicht schaden - ob`s nutzt wird man noch sehen. Mit Shiatsu bin ich sehr zufrieden, auch mit Osteopathie, GEHEILT ha mich beides nicht,  das wird wohl auch die Akupunktur nicht können – aber alles, was zwischendurch hilft, soll mir recht sein. Habe auch seit Jahrzehnten keine Scheu vor Alternativmedizin, und bin damit sehr gut gefahren. Aber – DARUM geht es ja nicht. Nach einem intensiven guten Erstgespräch werden die Nadeln gesetzt. Nur ein Miniprogramm, zur Sicherheit, wer weiß, wie intensiv ich reagiere … 

Die erste Nadel wird auf dem Kopf platziert, mitten am Kopf. 

Das ist der „Punkt der göttlichen Gleichmut“ sagt die Ärztin und ich denke mir, na gut, das kann ja nicht schaden. „Göttliche Gleichmut“. 


Sehe mich demnächst als Yogi abgeklärt zwischen Kreuzweh und Weltenwahnsinn. Nichts wird mich mehr erreichen...kein leiden, kein mit-leiden, wo man doch zumeist ohnehin so hilflos ist...

...noch ein paar Nadeln, vielleicht sind es sieben oder  acht ? Dann kommt der für mich langweilige Teil. Oh Gott, ruhig liegen, einfach liegen. „Entspannen sie sich, entspannen sie sich ganz“ sagt die Ärztin, eine halbe Stunde soll ich nur LIEGEN. Fast steigt zuerst Panik auf, das halt ich nicht aus, gleich hupf ich mit den Nadeln vom Bett, bin nicht müde genug für ein powernäppchen  - nein, die Nadeln selbst sind nicht unangenehm, auch wenn ich tief in mich hineinspüre, vielleicht piekst es doch irgendwo?? Aber die erzwungene Ruhe macht so unruhig. Der Drang auf zu hupfen ist stark, noch größer die Versuchung wenigstens zum handy zu greifen – dann denke ich mir – reiß dich am Riemen…..Tu brav NIX, NIX denken, NIX denken, nur DA-SEIN …. Da läuft mir der „Punkt der göttlichen Gelassenheit“ quer durch die erzwungene Ruhe. Ist das nicht ein wunderbarer Gedanke – ist das nicht ein anstrebenswerter wunderbarer Zustand …jetzt hab ich doch genug Zeit zum Erst-üben …. gelassen...gelassen...gelassen ...

Nein, da steigt plötzlich Zorn in mir hoch. Das ist so ziemlich das Letzte, mit dem ich mich anfreunden will. Göttliche Gelassenheit….. wäre mir ein Gott nahe, einer mit göttlicher Gelassenheit? Denke ich mir da nicht eher zynisch: ja gell, so schaut die Welt aus, weil – da irgendwo – absolute göttliche Gelassenheit. Ein ins Unendliche ausgebreitete Prinzip der Gelassenheit, oder besser gesagt „Wurschtigkeit“ ….

Plötzlich ist mir „mein lieber Gott“ ganz nahe. Da war der, aus der jüdischen Bibel. 
Seltsam, zuallererst hat man mir den beigebracht.
 Ehrlich gesagt, viele viele Ängste hat mir dieser Gott  zunächst eingebracht. Allmächtig, allgegenwärtig, alles sieht er, alles wird bestraft. Diese armen Zwei, Adam und Eva, keine zweite Chance: einmal selbst entscheiden, und schon fliegt man aus dem Paradies. Dann wieder: die  Welt ersäuft im Wasser, weil die Menschen so böse sind ???? Nur der Noah hat Glück …immer wieder droht Gott, immer wieder schimpft Gott mit „seinem Volk“ – manchmal will er sogar alles hinschmeißen, in Ewigkeit sich um nichts mehr kümmern – nein ein gelassener Gott ist das nicht. Aber jetzt, wo ich ihn nicht mehr fürchte, gefällt mir das ja fast: der leidet wenigstens selbst auch am Zustand der Welt ....  und er lernt dazu, Gott...  im Lauf der jüdischen Geschichte wird er immer gütiger, immer liebevoller, immer nachsichtiger ….
bis zu dem Punkt, an dem er ein mit-leidender Gott wird. Jetzt ist es nicht mehr genug, nur zu mahnen und zu beschützen (nützt ja so oft nix) – ich denke mir, wie ich da so liege mit meinen Nadeln: da plötzlich fährt Gott ganz aus seiner Haut der göttlichen Gelassenheit. Ihm hilft nur mehr mit-leiden, mitleiden mit diesen Menschen, ob gut oder böse….er will selbst einer von denen sein, nicht mehr drüber stehen, nicht mehr erhobener Zeigefinger, schon gar nicht gelassen …und so stellen wir uns vor, dass dieser Gott sich ein Baby sein lässt, - ein Baby, hilflos, um mit den Menschen zu sein.
Mama, Papa braucht er, Familie, Freunde.  Statt göttlicher Gelassenheit mit-leben, mit-freuen, mit – leiden …..ja, denk ich mir da mit der Nadel im "Punkt der göttlichen Gelassenheit":  klar, das Mit-leiden hat die Welt auch noch nicht gerettet, kein Schmerz, kein Leid, kein Unrecht, keine Gewalt werden weniger … und doch !! werden sie weniger und gemildert, überall dort wo das göttliche  und menschliche Mit-leiden sich konkret umeinander sorgt und bemüht … wenigstens dort …

Ja, denke ich mir, wie schön ist die Geschichte, die sie von Jesus erzählen – wie vielen Menschen hat er gut getan, alles andere als "gelassen" war er, weinen konnte er, sich freuen, zornig werden, vor allem aber: Mitgefühl, Mitgefühl - 

Vielleicht erst im Sterben hat er sich in diesen Punkt der göttlichen Gelassenheit fallen lassen. In aller Gott-Verlassenheit.

Dann bin ich plötzlich wieder nadel-los …da oben am Kopf spür ich gar nix, und lieber als ge-lassen sein will ich mich weiter ein-lassen …. Ja, auch auf das, was weh tut und wenns nur das Kreuz weh ist


ps  comic Altern ist: Hans-Peter Zehnter

Montag, 2. Januar 2017

..Lieben sie jemand? Und woraus schließen sie das?




Der Fragebogen von Max Frisch

1. Sind Sie sicher, dass Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts,
wenn Sie und alle Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert?

2. Warum? Stichworte genügen

3. Wie viele Kinder von Ihnen sind nicht zur Welt gekommen durch Ihren Willen?

4. Wem wären Sie lieber nie begegnet?

5. Wissen Sie sich einer Person gegenüber, die nicht davon zu wissen braucht, Ihrerseits im Unrecht und hassen Sie eher sich selbst oder die Person dafür?

6. Möchten Sie das absolute Gedächtnis?

7. Wie heißt der Politiker, dessen Tod durch Krankheit, Verkehrsunfall usw.
Sie mit Hoffnung erfüllen könnte? Oder halten Sie keinen für unersetzbar?

8. Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?

9. Wen hingegen nicht?

10. Hätten Sie lieber einer anderen Nation (Kultur) angehört und welcher?

11. Wie alt möchten Sie werden?

12. Wenn Sie Macht hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen, gegen den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder Nein.

13. Warum nicht, wenn es Ihnen richtig scheint?

14. Hassen Sie leichter ein Kollektiv oder eine bestimmte Person und hassen Sie lieber allein oder im Kollektiv?

15. Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie's noch? Angabe des Alters.

16. Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik?
17. Was, meinen Sie, nimmt man Ihnen übel und was nehmen Sie selbst übel, und wenn es nicht dieselbe Sache ist: Wofür bitten Sie eher um Verzeihung?

18. Wenn Sie sich beiläufig vorstellen, Sie wären nicht geboren worden: beunruhigt Sie diese Vorstellung?

19. Wenn Sie an Verstorbene denken: wünschten Sie, dass der Verstorbene zu Ihnen spricht, oder möchten Sie lieber dem Verstorbenen noch etwas sagen?

20. Lieben Sie jemand?

21. Und woraus schließen Sie das?

22. Gesetzt den Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wie erklären Sie es sich, dass es dazu nie gekommen ist?

23. Was fehlt Ihnen zum Glück?

24. Wofür sind Sie dankbar?

25. Möchten Sie lieber gestorben sein oder noch eine Zeit leben als gesundes Tier?
Und als welches?

Max Frisch, 1966 Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.05.2011, Nr. 19
Samya hat es mir geschickt
 

Samstag, 24. Dezember 2016

Ach was, Weihnachten!!!!!

ja, das normale Leben 
"Danach" 
war auch nicht leicht für die Jesus Mama


24.12. Die Geschichte vom Stall in Bethlehem
eine Geschichte .... eine Geschichte,
KEINE Reportage ....
Jesus ist nicht im Stall und nicht in Bethlehem geboren
das ist heute Lehrbuchmeinung der Theologie
Jesus, er ist ganz "normal" geboren worden, vermutlich in Nazareth
Erzählen aber will die Geschichte "vom Stall in Bethlehem", 
wie Gott ganz klein und in uns Mensch ist
"geboren von der JUNGFRAU Maria"
eine Geschichte...
die erzählen soll, dass Gott die Dinge auf den Kopf stellt
es geht nicht mehr ums "MACHEN" - 
WIR tun, WIR machen, -  ein Mann zeugt, eine Frau ist die Gebärerin
im Stall von Bethlehem liegt einfach ein Baby: 
wer weiß schon,wie es dorthin gekommen ist?  
Und was wird dann passieren?
und was passiert heute?
und was passiert mit uns?
Oft ist vieles kompliziert - können wir glauben, dass es dennoch GUT ist?

Heribert Prantl, Innenpolitikchef der "Süddeutschen Zeitung" - kein Theologe,
"nur Journalist", sieht es so

"Komplizierte Verhältnisse

Jungfrauengeburt meint etwas ganz anderes, 
nichts Biologisches, sondern etwas Geistliches.
Die Wahrheit über diese Jungfräulichkeit 
findet man nicht bei einer gynäkologischen Untersuchung.
Die Evangelisten, die von der Jungfrauengeburt schreiben, sind Theologen, keine Sexologen.
Sie sprechen nicht von der menschlichen Fortpflanzung, 
sondern vom Fortschritt des Menschlichen.
Die Jungfrauengeburt ist Chiffre für die emanzipatorische Idee, 
 sie ist ein Freiheitsbegriff.
Die Sprache der Bibel und des Credos ist hier eine mythische, keine historische oder naturwissenschaftliche.
»Jungfrauengeburt« soll besagen, 
dass etwas ganz Neues zur Welt kommt, 
das nicht männlicher Macht entspringt.
Die Weihnachtsgeschichte beginnt mit dem Abschied vom Patriarchat. 
Das Neue kommt ohne Zutun männlicher Potenz zur Welt - 
durch die Kraft des Geistes.
>>Geist« ist in der hebräischen Bibel feminin, eine Die, 
 eine schöpferische, weibliche, pfingstliche Kraft: 
Sie reformiert, sie revolutioniert, sie macht neu.
Daher heißt es im Magnifikat, im Lobgesang Marias: »Gott stürzt die Mächtigen vom Thron<<.
Die Legende von der Jungfrauengeburt legt also die Axt ans Stammbaum-Denken 
und die klassischen Machtstrukturen.
Die Geschichte, dass alles vorbestimmt ist durch die Abstammung und 
dass es nur einen Vater geben kann, ist zu Ende.
Die Weihnachtsgeschichte ist also auch eine tröstliche Geschichte für all die Menschen, die in komplexen Familienstrukturen leben.
Schon für das Kind in der Krippe sind die Verhältnisse kompliziert. "

HERIBERT PRANTL