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Montag, 9. Juni 2014

jeden Tag mit "dem Wichtigsten" unterwegs

KOFFER PACKEN
Irmgard packt heute ihren Koffer – ab morgen gönnt sie sich wieder eine Woche Durchatmen, Entspannen, alles Fallen-lassen in einem Kurhaus, nein eigentlich ist es ein Rehab-Zentrum.
"Der Sonnberghof" – er ist für Irmgard nach ihren acht Operationen und 30 Krebsbestrahlungen zu einem ganz wichtigen Ort geworden, wo sie wieder MENSCH werden konnte. Aber „wegzufahren“- erfordert auch Kofferpacken. Das „Wichtigste“ mit nehmen, das Tägliche reduzieren können, das Richtige dann letztlich mithaben....
Irmgard ist aber eigentlich jeden Tag „mit dem Wichtigsten“ unterwegs ...

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Als ich vor kurzem mit einer Freundin telefonierte, beklagte  sie zum wiederholten Mal, dass sie es bis heute (sie ist über siebzig) nicht gelernt hat, Koffer zu packen. Bereits vor Jahren habe ich ihr  meine Urlaubsliste überlassen, damit sie sie auf ihre Bedürfnisse abstimmen kann. Sie nimmt sie bei Bedarf sehr wohl zur Hand, aber Koffer packen kann sie immer noch nicht.
Ich glaube dennoch, dass man es lernen kann (vor allem, wenn man Single bleiben will oder muss), sich gut zu strukturieren und organisieren und –  so, wie ich es immer bezeichne – das soziale Netz so feinmaschig wie möglich zu spinnen. Bei jedem weiteren Ereignis, bei dem man auf sich allein gestellt ist, lernt man ein bisschen was dazu und erntet dann dafür aus dem weniger gut organisierten Freundeskreis hämische Kommentare wie: …ach, du bist immer so perfekt. Damit kann ich leben,  nur, ich habe weder einen Mann, der sich in meinem Haushalt auskennt, noch (Enkel)Kinder, die ich um einen ganz persönlichen Handgriff bitten könnte. Und nur wenige Freundinnen wissen über ‚mein Leben‘ wirklich Bescheid, und wenn, dann nur ‚theoretisch‘.
Also: habe ich z.B. immer meine e-card bei mir, trage auch das Ladegerät des Handys bei mir (es wiegt ja nur ganz wenig), fülle regelmäßig mein Geldbörsel mit einem bestimmten Betrag an und übertrage jedes Mal den gesamten Tascheninhalt in eine andere, falls ein Wechsel , ev. theaterbedingt, notwendig ist. Zwei bis drei Vertrauenspersonen haben einen Wohnungsschlüssel, denn bei einem längeren Spitalsaufenthalt – wie sie in den letzten Jahren leider an der Tagesordnung waren – sollten der Briefkasten geleert und die Grünpflanzen in der Wohnung gegossen werden.
Das alles hat nichts mit Ängstlichkeit zu tun, sondern mit einem Gefühl der Sicherheit, denn es bedarf schon großer Anstrengung, in einer Notsituation klaren Kopf zu behalten und in der richtigen Reihenfolge das Richtige zu tun und nicht scheinbar unwesentliche Details des Alltags auch noch in diese Überlegungen miteinbeziehen zu müssen.