ich habe spät (standesamtlich)
geheiratet, mein Mann hatte schon ein buntes,unorthodoxes Leben
hinter sich – da gab es kaum Berührungspunkte mit Kirche oder
Religion. Nach dem 5.Geburtstag unserer Tochter bekam mein Mann die
Diagnose „Lungenkrebs“ - Lebenserwartung 3 Monate.
Die (relativ sinnlose) Operation war
für den 16.August angesetzt, am Maria Himmelfahrtstag war ich bei
meinem Mann im Spital und hab ihn gefragt, ob es ihm peinlich wäre,
mit mir dort in der Kapelle zur Messe zu gehen. Nein, meinem Mann war
nie etwas „peinlich“ - und danach sagte er mir, die „Mutter
Gottes“ hätte ihn an das Rosenkranzbeten seiner Mama erinnert....
Wie durch ein Wunder fanden in wir in
den nächsten Wochen einen neuen Professor mit einer neuen
Chemotherapie-Methode...mein Mann überlebte Weihnachten...und lebte
noch 4 Jahre, aber es hatte einen hohen Preis mit immer wieder
schrecklichen Schmerzen...
Auch wie durch ein Wunder gab es viele
Freunde,die mir geholfen haben.Ich war voll berufstätig, zwei kleine
Kinder, der schwerkranke Mann...
Eines Tages läutete eine Freundin an
der Tür und zu meinem „Entsetzen“ hielt sie eine ziemlich große,
furchtbar kitschige „Mutter Gottes Statue“ in den Händen. „Eine
Wandermuttergottes“, sagte sie mir, die wandert von Familie zu
Familie und sie will sie für 2 Tage auch meinem Mann bringen. "Um
Gottes willen", sagte ich, "der dreht durch, sei nicht bös aber auch
ich kann damit nix anfangen..."
Mein Mann, im Bett liegend, wollte
natürlich wissen,was da an der Haustüre gequatscht wird – und
dann sagte er: „Hier wird kein Besuch abgewiesen ...herein mit der Maria“
Meine Freundin brachte das „Dings“
und mein Mann suchte einen Platz, an dem sie ihm ganz nahe war. Ich
wollte gar nicht genau hinschauen, nein, mir war sie peinlich
….aber....
Nach zwei Tagen wurde die wandernde
Maria (Gott sei Dank,dachte ich mir) abgeholt.
Meinem Mann gefiel das plötzlich gar
nicht. Ich sollte mich sofort um „Ersatz“kümmern, eine
„Wandermuttergottes“ kaufen. Du meine Güte...für mich war das
schrecklich, frommen Kitsch habe ich immer vermieden und jetzt SO
etwas in meiner Wohnung …
Aber ich fand in Oberösterreich ein
Geschäft, die Wandermuttergottes wurde geliefert, sie wanderte nicht
mehr sondern wurde (immer mehr geliebtes) Familienmitglied....
Nach dem Tod meines Mannes,die Kinder
waren noch nicht 6 und 10 Jahre alt, bin ich viele Nächte weinend
mit der „Wandermuttergottes“ im Arm in der Wohnung
herumgewandert.
Zu zweit war alles leichter.....
Als mein Sohn nach der Matura in eine
eigene Wohnung zog, da habe ich einen bitteren Verlust erlitten. Nein,
nicht den Sohn – der war ohnehin in der Nähe: aber er nahm die
Wandermuttergottes mit... Und so steht sie nun bei ihm und zu
meiner totalen Verblüffung hat keiner seiner (auch nicht frommen)
Freunde oder Freundinnen jemals ein böses Wort über sie verloren.
SIE GEHÖRT DAZU.
Den uralten Rosenkranz der Mutter meine Mannes
hat sie um die betenden Hände gewickelt ….
NICHTS geht verloren
Ilse Oberhofer
Ilse Oberhofer