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Dienstag, 6. Mai 2014

...die "WANDERMUTTERGOTTES"

ich habe spät (standesamtlich) geheiratet, mein Mann hatte schon ein buntes,unorthodoxes Leben hinter sich – da gab es kaum Berührungspunkte mit Kirche oder Religion. Nach dem 5.Geburtstag unserer Tochter bekam mein Mann die Diagnose „Lungenkrebs“ - Lebenserwartung 3 Monate.
Die (relativ sinnlose) Operation war für den 16.August angesetzt, am Maria Himmelfahrtstag war ich bei meinem Mann im Spital und hab ihn gefragt, ob es ihm peinlich wäre, mit mir dort in der Kapelle zur Messe zu gehen. Nein, meinem Mann war nie etwas „peinlich“ - und danach sagte er mir, die „Mutter Gottes“ hätte ihn an das Rosenkranzbeten seiner Mama erinnert....
Wie durch ein Wunder fanden in wir in den nächsten Wochen einen neuen Professor mit einer neuen Chemotherapie-Methode...mein Mann überlebte Weihnachten...und lebte noch 4 Jahre, aber es hatte einen hohen Preis mit immer wieder schrecklichen Schmerzen...
Auch wie durch ein Wunder gab es viele Freunde,die mir geholfen haben.Ich war voll berufstätig, zwei kleine Kinder, der schwerkranke Mann...
Eines Tages läutete eine Freundin an der Tür und zu meinem „Entsetzen“ hielt sie eine ziemlich große, furchtbar kitschige „Mutter Gottes Statue“ in den Händen. „Eine Wandermuttergottes“, sagte sie mir, die wandert von Familie zu Familie und sie will sie für 2 Tage auch meinem Mann bringen. "Um Gottes willen", sagte ich, "der dreht durch, sei nicht bös aber auch ich kann damit nix anfangen..."
Mein Mann, im Bett liegend, wollte natürlich wissen,was da an der Haustüre gequatscht wird – und dann sagte er: „Hier wird kein Besuch abgewiesen ...herein mit der Maria“
Meine Freundin brachte das „Dings“ und mein Mann suchte einen Platz, an dem sie ihm ganz nahe war. Ich wollte gar nicht genau hinschauen, nein, mir war sie peinlich ….aber....

Nach zwei Tagen wurde die wandernde Maria (Gott sei Dank,dachte ich mir) abgeholt.
Meinem Mann gefiel das plötzlich gar nicht. Ich sollte mich sofort um „Ersatz“kümmern, eine „Wandermuttergottes“ kaufen. Du meine Güte...für mich war das schrecklich, frommen Kitsch habe ich immer vermieden und jetzt SO etwas in meiner Wohnung …
Aber ich fand in Oberösterreich ein Geschäft, die Wandermuttergottes wurde geliefert, sie wanderte nicht mehr sondern wurde (immer mehr geliebtes) Familienmitglied....

Nach dem Tod meines Mannes,die Kinder waren noch nicht 6 und 10 Jahre alt, bin ich viele Nächte weinend mit der „Wandermuttergottes“ im Arm in der Wohnung herumgewandert. 
Zu zweit war alles leichter.....

Als mein Sohn nach der Matura in eine eigene Wohnung zog, da habe ich einen bitteren Verlust erlitten. Nein, nicht den Sohn – der war ohnehin in der Nähe: aber er nahm die Wandermuttergottes mit... Und so steht sie nun bei ihm und zu meiner totalen Verblüffung hat keiner seiner (auch nicht frommen) Freunde oder Freundinnen jemals ein böses Wort über sie verloren. 
SIE GEHÖRT DAZU.
Den uralten Rosenkranz der Mutter meine Mannes hat sie um die betenden Hände gewickelt ….

NICHTS geht verloren

Ilse Oberhofer