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Montag, 12. Mai 2014

angeschnallt - das Trauma über - leben?

                                                                  Foto: Irmgard Czenry

"loslassen oder anschnallen" habe ich meinen blog genannt.Zu schreiben begonnen habe ich spontan heuer zu Beginn der Fastenzeit. Das Motto war klar: wie sieht die Balance aus im Leben zwischen
"anschnallen" - Sicherheit brauchen, sich daheim fühlen, Boden unter den Füßen spüren - und
"loslassen"....nein, der Mann am Kran darf nicht loslassen ....
und dennoch müssen wir Stück für Stück und immer mehr ...los-lassen

Meine Freundin Irmgard, 2008 mit der Diagnose Zungenuntergrundkrebs konfrontiert, SIEBENMAL operiert, dreißig Bestrahlungen ... bei ihr hat der Begriff "ANSCHNALLEN" ein Trauma belebt, als sie mir ihren Text - und auch das Foto schickte  "falls du den Horror sehen willst"

                                                        Bestrahlungssituation im AKH

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"Natürlich kann man mit dem Begriff ‚Anschnallen‘ auch etwas Positives verbinden, tue ich es im Flugzeug, bin ich bei Turbulenzen geschützt, ich fühle mich also sicherer – tue ich es im Auto, habe ich zum einen keine Strafe zu befürchten und zum anderen das Gefühl, bereits bei einem leichten Aufprall sicher in den Sitz gedrückt zu werden. Empfinde ich es jedoch als Einschränkung (der persönlichen Freiheit) habe ich immer noch die Möglichkeit, auf eigene Gefahr den Gurt zu lösen.
Liege ich jedoch – nicht auf einem bequemen Bett – nein, auf einer Art Tisch, einer kalten Platte, den Kopf auf einer Vorrichtung, die ihm keinen Spielraum lässt, mit einer in langwieriger Vorarbeit eigens für mein Gesicht angepassten Maske zum Abhalten der Strahlen jener Regionen, die nicht getroffen werden dürfen, auf den Untergrund fixiert, einer Zahnschiene zum Schutz der unteren Zahnreihe und schließlich noch einem Keil zwischen den Zähnen, um jeder noch so geringen Bewegung vorzubeugen – dann ist das nicht nur Anschnallen in seiner bedrohlichsten Form, sondern lässt in diesem Augenblick sogar an Foltermethoden denken.
Ja, und woran denkt man nun tatsächlich in einer solchen Situation? Schöne Bilder wollen ganz einfach nicht die Oberhand gewinnen, d.h., sie sind gar nicht existent. Also versucht man es mit ‚Vernunft‘ (die Bestrahlung selbst dauert nur wenige Minuten): Zum Glück lebe ich in der heutigen Zeit, in der die Medizin auf einem hohen Standard ist, wäre denn vor etwa zwanzig Jahren eine Bestrahlung überhaupt und wenn ja, mit welcher Qualität, bzw. Erfolgschance möglich gewesen? Und ein Gedanke kreist täglich durch meine Kopf, auf den ich bei jeder nur möglichen Gelegenheit auch meine Mitmenschen hinweise: ich danke Gott, dass er mich hierher nach Österreich, nach Wien geboren hat, ich (bis heute) keinen Krieg miterleben musste, keine Existenzängste zu haben brauchte, jede nötige nicht nur medizinische Hilfe bekomme und mir darüber hinaus noch etwas Zusätzliches leisten kann, wenn ich es brauche oder mir wünsche – vor allem, wenn täglich von Katastrophen zu hören und zu lesen ist, die sich bereits bedrohlich quasi unserer Haustür nähern."