Foto: Irmgard Czerny
Krank sein „allein“ ist schon
mühsam. Wissen, dass man ins Spital muss, ist noch mühsamer.
Zu wissen, dass man eigentlich alles
rund um diese Situation und eine schwere Erkrankung allein „packen“
muss, im wahrsten Sinn des Wortes – das ist noch viel, viel
mühsamer.
Meine Freundin Irmgard hat keine eigene
Familie, die Eltern sind früh gestorben – sie lebt allein,was sie
genießt: ABER ….in diesen mühsamen Momenten des Lebens ist
niemand da, mit dem man am abend vorher noch über „Sorge“
sprechen kann, ist in der Früh niemand beim Frühstück da, der
einen ein bißchen ablenkt – ehe man den Weg zur nächsten Operation
antritt. Man ist einfach "ein sich selbst überlassener Erwachsener“, - der sich zsammreißen muss …
sich überwinden müssen ….
nein,
dazu muss man erst gar nicht bei Gewitterstimmungauf einen Kran klettern....
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"Sich
überwinden müssen. Egal, wozu, gehört wohl zu den am meisten
kräfteraubenden Handlungen schlechthin. Vor allem, wenn man keine
moralische oder gar praktische Unterstützung bei der Bewältigung
dieser Situation bekommt. Ich denke dabei an das Überwinden zu
jedem neuerlichen Spitalsaufenthalt mit einer weiteren Operation; an
dem betreffenden Tag das allzeit bereitstehende Köfferchen fertig zu
packen, ein Taxi zu rufen und zu sagen….bitte ins Krankenhaus. Ja,
es gab FreundInnen, die mir angeboten hatten, mich zu fahren, aber
soll ich wirklich jemandem zumuten, in der Frühverkehrsspitze von
irgendwoher zu kommen, nur, daß wir dann gemeinsam diesen für mich
schweren Gang zurücklegen?
Einmal
habe ich das Angebot eines Freundes angenommen. Und es ist genau das
passiert, was ich vorhergesehen hatte, er stand im Stau und ich auf
Nadeln. Das bisschen Hoffnung und zugleich Sicherheit, einmal diese
Fahrt nicht alleine antreten zu müssen, die Tasche getragen zu
bekommen und ein wenig abgelenkt zu werden, war mit einem Schlag
dahin. Also musste auch diesmal das sofortige Umschalten in meinem
Kopf auf ‚Selbständigkeit‘ passieren. Doch, wenn sich mir
gerade wieder einmal das Déjà-vu Erlebnis ‚Krankenhaus‘
aufdrängt, und der Boden unter meinen Füßen dabei ist, zu wanken
oder ganz zu verschwinden, ist es nur sehr schwer, vernünftig und
stark zu sein.
Das
eine oder andere Mal habe ich das Angebot einer meiner lieben
Freundinnen, mich mit ihrem Auto vom Krankenhaus nach Hause zu
bringen, angenommen und auch als angenehm und hilfreich empfunden.
Allerdings die Heimfahrt professionell mit der Rettung abzuwickeln,
ist dennoch die für mich weniger belastende Variante. Die Männer
schnappen mein Köfferchen, notfalls auch mich, haben keine
Parkplatzprobleme, denn sie können ihr Fahrzeug mit Blaulicht in
zweiter Spur halten, begleiten mich bis in die Wohnung, und ‚der
Fall ist erledigt‘
Die
Erschöpfung und die Leere danach sind ein anderes Problem, mit dem
ich letztlich ganz allein fertig werden muss, egal, wer meinen
Heimtransport übernommen hat."
Irmgard Czerny