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Mittwoch, 7. Mai 2014

Vom Überleben zum Leben


                                                                                    Foto Irmgard Czerny

Hier werden Texte meiner Freundin stehen, einer meiner besten Freundinnen.
Wir sind gleich alt, haben einander bei der Arbeit im ORF kennengelernt und dabei erst rekonstruiert, dass wir auch die gleiche Schule in unterschiedlichen Klassen besucht haben.
2008 erhielt meine Freundin die Diagnose „Zungenuntergrundkrebs“. Es war auch für mich niederschmetternd. Nach einer ersten Operation und der Hoffnung, "nun ist alles ausgestanden", begann die Tragödie von Neuem ….
Wer Irmgard sieht, eine elegante, fesche, jugendlich- temperamentvolle Person, kann nicht ahnen, 
welche Hölle erst seit kurzem hinter ihr liegt. Eine schwere zweite Operation, eine noch schwerwiegendere Bestrahlungsserie, wo sie danach lange Zeit nur künstlich ernährt werden konnte....Ihr Beispiel soll allen Mut machen, die Schweres erleben - ich habe sie gebeten, einfach "drauflos zu schreiben" ...wie immer ihr die Gedanken und Erinnerungen kommen....

Die Gedanken kommen täglich


"Die Gedanken daran kommen täglich – einmal stärker, einmal weniger stark. Ganz sicher aber beim morgendlichen und abendlichen Blick in den Spiegel, wenn die Narben auf beiden Seiten des Halses danach verlangen, eingecremt zu werden, um nicht so ‚schrumpelig‘ auszusehen. Und an Tagen, an denen das nur langsam wieder zurückgekehrte Selbstbewusstsein wankt, stellt sich die Frage, nehme ich heute die zum G’wand passenden Clips oder nicht; eine Frage, die vielen banal und ‚nicht wirklich wichtig‘ erscheinen mag , doch ist eben dieses Tragen der Clips auch ein Schritt in die Normalität, bzw. eine Rückkehr (Rückfindung) zur ‚ursprünglichen Persönlichkeit‘, die bekannt war für ihren originellen Ohrschmuck. Und ich glaube nicht, daß mich die Menschen, die mich ansehen, einfach nur verschonen wollen mit Bemerkungen wie… das sieht unmöglich aus, das solltest du lieber lassen. Nein, ich habe es angenommen, mit dieser optischen Beeinträchtigung zu leben, die auch niemanden anderen so sehr stört, daß er es in abwertenden Worten ausdrückt, sondern mich als Mensch sieht, dem es gelungen ist, wieder annährend so zu sein und auszusehen, wie er es vor dem gesundheitlichen Schicksalsschlag war."