Die katholische Kirche hat sich ja Jahrzehnte schwer getan mit der internationalen Arbeiterbewegung. Der 1.Mai war lange ein "rotes Tuch" für viele Frommen, der Inbegriff
von wilden roten Horden, die den Glauben bedrohen. Nun, das hat sich zum Glück schon sehr geändert. Die christliche Soziallehre hat ein tiefes Verständnis für den Wert der Arbeit, für den Wert der Arbeitenden und der Forderung nach gerechten Löhnen und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen gebracht. Gerade heute ist es Papst Franziskus, der mit seinen warnenden Worten über den Kapitalismus "der töten kann", uns dankbar macht für all das, was es an positiven Entwicklungen in der Arbeitswelt gibt.
1955 hat die Kirche den heiligen Josef zum Patron der Arbeit ernannt - unser Heiliger zum 1.Mai.
Aber ich habe darüber hinaus eine persönliche Heilige für das, was Arbeit ist.
die französische Philosophin und Mystikerin Simone Weil - 1909-1943
sie ist die Tochter liberaler jüdischer Eltern, wächst wohlbehütet und großbürgerlich in Paris auf, arbeitet nach dem Studium als
Philosophielehrerin an Schulen und engagiert sich gleichzeitig für
die Probleme der Arbeiterschaft.
Von 1933 bis
1935 arbeitet sie in einer Pariser Fabrik und kämpft später im
spanischen Bürgerkrieg. Im Zweiten Weltkrieg bezieht sie in der
Französischen Widerstandsbewegung Stellung gegen die
nationalsozialistischen deutschen Besatzer. Sie verkehrt in
atheistisch-existenzialistisch geprägten Kreisen ihrer Zeit , sieht sich selbst aber in Visionen zum Religiösen bekehrt. Ihr Denken war von christlicher Mystik aber auch von platonischen und buddhistischen Einsichten geprägt, darüber hinaus auch von der jüdischen Tradition. Sie entwickelte das Konzept der „décréation“, der totalen Selbstentäußerung des Menschen vor Gott.1943 stirbt
die Philosophin und Mystikerin im englischen Exil an den Folgen von
Erschöpfung und Unterernährung. Hunger war durch
viele Jahre ihres Lebens ein ständiger Begleiter. Schon in jungen
Jahren hat sie gehungert, um nicht mehr Geld zu verbrauchen, als
einem Arbeitslosen täglich zusteht. In ihrer Londoner Zeit wollte
sie nicht mehr zu essen haben als die Landsleute im besetzten
Frankreich. Daran und an ihrer Tuberkulose ist sie zugrunde gegangen.
Für Simone
Weils philosophischen Blick war die Frage der Arbeit eine
Menschheitsfrage. Die Befreiung der Fabrikarbeiter bedeutete ihr
nicht eine Freiheit von den Umständen, sondern eine Freiheit
innerhalb der Umstände. Der Mensch, der in Beziehung tritt zum
Unabänderlichen, ist frei. Kein resignativer Fatalismus noch eine
permanente Revolution bringen die Freiheit, sondern nur die Erfahrung
des für das Menschsein Notwendigen und Unabdingbaren.
Als Simone Weil
in der Fabrik arbeitete, hielt sie ihre Erfahrungen in einem
"Fabriktagebuch" fest. Es sind Zeugnisse eines Alltags
voll harter Arbeit zwischen Maschinen und Menschen
Die eigene Würde
kann im letzten nie zerstört werden: "Das Ertragen
unvermeidlicher physischer und moralischer Leiden - gerade in dem
Maße, wie sie unvermeidlich sind -, ist das einzige Mittel, um seine
Würde zu bewahren. Aber Ertragen und Unterwerfung sind zweierlei."
(Fabriktagebuch, S. 161)
"Der Gewinn der
Arbeit: ..ganz in seinem Innersten die Existenz der
Welt spüren."
(Cahiers I, Aufzeichnungen, S. 64)
(Cahiers I, Aufzeichnungen, S. 64)
Simone Weil hat sich trotz ihrer tiefen mystischen Erfahrungen und auch intensivem Auseinandersetzen vor allem mit den christlichen Sakramenten niemals taufen lassen. Sie sah ihre Berufung als "christin außerhalb der Kirche" - vielleicht auch in Solidarität mit denen, die auch "außen" stehen.