17.11.2021
In der Liturgie der Kirche wird heute eine der großen Frauen des Mittelalters gefeiert: Gertrude von Helfta. 1256 in Thüringen geboren, ist eine der großen Mystikerinnen des Mittelalters, humanistisch und theologisch hochgebildet, sie lebt in einem Frauenkloster. Was aber ist Mystik? Es gibt sie nicht nur in allen Religionen, es gibt sie in jedem Leben. Nehmen wir nur die Definition von Friedrich Nietzsche: „Wo Sehnsucht und Verzweiflung sich paaren, da entsteht Mystik“ Und der große Konzilstheologe Karl Rahner sagte: "Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein, oder er wird gar nicht mehr sein“ Auf Christen bezogen heißt das: es geht letztlich nicht darum, ein braver Kirchgänger zu sein: letztlich zählt nur die Sehnsucht. Die Sehnsucht, eine ganz persönliche echte lebendige Beziehung zu diesem Jesus Christus zu finden. Gertrud von Helfta hat in ihren Visionen, in ihrer Beziehung zu Jesus das gespürt, was Liebespaare als ganz selbstverständlich empfinden. „Wir sind EINS“ – und sie spürte auch: Gott liebt auch uns wie ein Liebender. Es ist kein „Mit-einander“ – es ist ein „In-einander“ Bitten wir heute
Dass uns diese Beziehung keine Last ist, sondern wir uns
damit leicht und lebendig fühlen, wie Verliebte
dass wir nie Angst haben, aus dieser Liebe Gottes zu
fallen – dass wir ihn durch nichts verlieren können
dass wir wissen, dass in dieser Liebe auch all unser
Versagen aufgefangen ist, all das, was wir selbst nicht an „gut-sein“ schaffen
dass unsere Liebe auch zu Menschen einen langen Atem
hat, dass wir geduldig sind, dass wir großzügig sind, dass man sich auf unsere
Zuneigung und unsere Treue verlassen kann
niemand nach unserer Pfeife tanzen muss, dass wir uns
die Menschen nicht zurechtbiegen, wie wir sie wollen
So
bitten wir dich guter Gott: schenke uns diese Liebe, die unser ganzes Leben
trägt und die uns hilft, auch das Leben anderer mitzutragen: so wie wir von
Gott getragen sind. Amen
PS
Die
Frauen in den Frauenklöstern des Mittelalters waren nicht "eingesperrt", sie hatten in vielen Fällen große Chancen auf Bildung und
Eigenständigkeit, man denke nur an Hildegard von Bingen.