Fast einen Tag lang hat man um das Schicksal der russischen Journalistin Marina Owsjannikowa gebangt. Nach ihrem aufsehenerregenden Protest im russischen Staatsfernsehen gegen den Krieg in der Ukraine war die Frau noch im TV Studio abgeführt worden - stundenlang gab es keine Spur von ihr.
Der prominente russische Journalist Alexej Wenediktow postete nun ein Foto von ihr. Es zeigt Marina Owsjannikowa mit ihrem Anwalt in einem Gerichtsgebäude auf Telegram.Russische Medien berichteten, dass die TV-Mitarbeiterin wegen der Organisation einer nicht erlaubten öffentlichen Aktion belangt werde. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (226 Euro) verurteilt. Zunächst war befürchtet worden, die Redakteurin könnte nach einem umstrittenen neuen Gesetz wegen Diffamierung der russischen Armee – das etwa die Bezeichnung „Krieg“ oder „Invasion“ für den Ukraine-Krieg verbietet – verurteilt werden. Dabei drohen bis zu 15 Jahre Haft.
Abzuwarten bleibt, ob weitere
Ermittlungen und Anklagen – mit weitreichenderem Strafrahmen – folgen. Die
jetzige Verurteilung bezieht sich auf die Verbreitung eines Videos in sozialen
Netzwerken, in dem sie ihren Protest erklärt und die Bevölkerung ebenfalls zu
Protesten aufruft.
Owsjannikowa hatte noch vor ihrem aufsehenerregenden Protest im TV ein Video aufgenommen, in dem sie ihre politische Position erklärt. „Das, was jetzt in der Ukraine geschieht, ist ein Verbrechen. Und Russland ist der Aggressor. Und die Verantwortung für diese Aggression liegt nur auf dem Gewissen eines Menschen – und dieser Mensch ist Wladimir Putin.“
Ihr Vater sei Ukrainer, ihre Mutter Russin, und sie seien nie Feinde gewesen. In den vergangenen Jahren „habe ich leider beim Kanal 1 gearbeitet und mich mit Kreml-Propaganda beschäftigt. Ich schäme mich jetzt sehr dafür. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass vom TV-Bildschirm gelogen wurde. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass Russen in Zombies verwandelt wurden.“
14 Stunden verhört
In einem ersten Kommentar nach der
Gerichtsverhandlung betonte Owsjannikowa, sie sei 14 Stunden verhört worden,
man habe ihr lange die Beiziehung eines Anwalts verweigert. Sie werde am
Mittwoch, wenn sie geschlafen habe, mehr sagen, kündigte sie an. Dass sie nicht
zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, sei nicht überraschend, so Owsjannikowa
am Ende auf Englisch, da sie zwei Kinder habe.
Das UNO-Hochkommissariat für
Menschenrechte in Genf rief Moskau dazu auf, sicherzustellen, dass Owsjannikowa
wegen ihrer Aktion, mit der sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung
wahrgenommen habe, nicht bestraft wird. Auch Frankreichs Präsident Macron will
sich einschalten
info orf.at