Heute am Tag des heiligen Josef
Markus Hofer, der Leiter des Männerbüros der Diözese
Vorarlberg, hat ihm einen Brief geschrieben.
"Lieber
Josef,
eigentlich hast Du für mich bislang keine große Rolle gespielt. Irgendwann bin ich aber auf diese alten Weihnachtsbilder gestossen und da ist mir etwas aufgefallen. Bis gegen Ende der Gotik wiederholt sich dasselbe Muster. Im Zentrum steht die Mutter Gottes mit ihrem Kind, eingerahmt durch die Geburtsgrotte oder später einen Holzstall. Und Du sitzt immer irgendwo weit ab davon, meist den Kopf in die Hände gestützt. Du machst den Eindruck, als ob Du nicht wüßtest, was Du da eigentlich verloren hast. Es scheint, als ob Du mit dem Ge-schehen nichts zu tun hast, nichts zu tun haben darfst. Manchmal schaust Du resigniert zur Erde, manchmal ebenso resignierend zur Mutter hinauf.
eigentlich hast Du für mich bislang keine große Rolle gespielt. Irgendwann bin ich aber auf diese alten Weihnachtsbilder gestossen und da ist mir etwas aufgefallen. Bis gegen Ende der Gotik wiederholt sich dasselbe Muster. Im Zentrum steht die Mutter Gottes mit ihrem Kind, eingerahmt durch die Geburtsgrotte oder später einen Holzstall. Und Du sitzt immer irgendwo weit ab davon, meist den Kopf in die Hände gestützt. Du machst den Eindruck, als ob Du nicht wüßtest, was Du da eigentlich verloren hast. Es scheint, als ob Du mit dem Ge-schehen nichts zu tun hast, nichts zu tun haben darfst. Manchmal schaust Du resigniert zur Erde, manchmal ebenso resignierend zur Mutter hinauf.
In
unserer kirchlichen Tradition warst Du nur wichtig, wenn es um das
Arbeiten und Nähren ging. Ist das nicht ein Bild für Männer, das
heute noch in Kirche und Gesellschaft am Werk ist? Sind diese Bilder
von Dir nicht auch Bilder dafür, wie die Kirche heute noch die
Männer gerne hätte? Brav und folgsam, pflichtbewußt und duldend
und nicht zu sehr auf Sex bedacht? Ich weiß nicht, ob Du das
mitgekriegt hast, aber die kirchliche Beichtpraxis behandelte Männer
lange als sexuelle Triebwesen, denen der Beichtvater zwar ein
gewisses joviales Verständnis entgegenbrachte, solange er sein Tun
nur regelmäßig beichtete, was dann zunehmend immer weniger taten.
Hat
in unserer Kirche eine umfassend männliche Perspektive überhaupt
Platz? Übertragen stehen doch heute noch im Mittelpunkt die Mutter
Kirche und ihre zölibatären Lieblingssöhne. Dabei meinen viele,
sie hätten es mit einer Männerkirche zu tun. Es geht aber um die
Kleriker und nicht um Männer wie Du und ich. Wir spielen da schon
lange keine Rolle mehr.
In
Deinen Litaneien ist die Rede vom gerechten, keuschen, gehorsamen,
getreuen und starkmütigen Josef. Das sind schöne Eigenschaften,
aber es fehlt eben viel von dem, weswegen Männer sich für männlich
halten. Männer möchten stark und mutig und nicht nur starkmütig
sein! Da stellt sich die Frage, ob ganze Männer in der Kirche
überhaupt gefragt sind. Männer schätzen das Gefühl, wichtig zu
sein und haben deshalb Probleme, wenn sie nur gehorchen dürfen. Sie
hoffen insgeheim, daß Gott sie liebt, auch wenn sie nicht nur 'klein
und gering' sind und möglichst auf Sex verzichten wie der gute
(arme) Josef. Nimm das bitte nicht als Spott, Josef, vielmehr beginne
ich langsam, mich an Dir aufzurichten.
Lieber
Josef, wie wäre es, wenn Du Dich als Patron für uns Männer stark
machst? Ich bin überzeugt, Du weißt aus Deiner eigenen Erfahrung
wofür: dafür, daß wir aufstehen und uns einmischen, daß wir ins
Bild gehen und unsere Verantwortung wahrnehmen, daß wir unseren Mann
stellen und das Kind in den Arm nehmen."