Seiten

Montag, 24. März 2014

Hochschulseelsorge "im out"

Eine Kapelle im Studentenheim Peter-Jordan-Straße: "Dieser unbestimmt leere Raum, den das Christentum auf seinem Rückzug hinterlassen hat". Foto: Robert Newald

Reportage  http://derstandard.at/1395362845725/Die-Seele-und-ihr-Zweck  22.3.2014

eine der für mich traurigsten Reportagen der letzten Zeit. Aus der eigenen Studienzeitung erinnere ich mich an die Katholische Hochschulgemeinde in der Ebendorferstraße. Gab es da nicht jeden Tag zu Mittag einen Gottesdienst? Heute, so lese ich,  nur mehr einmal im Monat - vor kleiner Besucherzahl.Studieren heißt heute - und der Bologna Prozeß hat dazu beigetragen: so schnell wie möglich fertig werden müssen. Denken und leben - das hält nur auf ...es reicht, Skripten wieder zu geben. Wo ist heute noch ein Professor, der nach dem fragt, was ein Student denkt?
So unkompliziert wie möglich reproduzieren, so schnell wie möglich "fertig" machen, so schnell wie möglich Job und Karriere - darauf läuft es hinaus. Wie wird unsere Gesellschaft aussehen?

"Seelsorge - Wer braucht das an den Unis noch? In den 33 Jahren, die Hans Kouba von der KHG dabei ist, haben sich die Lebenshintergründe der Studierenden und damit auch die Bedingungen für die Seelsorge drastisch verändert. Der Hauptfaktor ist Zeit, denn die hat heute niemand mehr, vor allem nicht für Nebenpfade, kleine Sackgassen, Unbekanntes, intellektuell Weitschweifiges. Im Studentenwohnheim der Peter-Jordan-Straße, in dem Kouba als Relikt noch sitzt, zeigt sich das beispielhaft. Früher wohnten hier vor allem österreichische StudentInnen vom Land, die vornehmlich die nahegelegene Boku besuchten. Heute beherbergt das Wohnheim, auch weil es wegen seines niedrigen Standards preiswert ist, viele Studierende aus Osteuropa mit Schwerpunkt Wirtschaft. "Das ist das Europa von morgen", sagt Kouba. Ein ganz neuer Typ von Studierenden sei das, sehr effizient, sehr ehrgeizig und zielstrebig überprüften sie Angebote darauf hin, ob sie nützen. Kartenspielen, Zusammensitzen, die berühmt-berüchtigten Wohnheimpartys der TirolerInnen sind Vergangenheit. "Die studieren nur mehr", sagt Kouba. "Gemeinschaft entsteht höchstens, wenn der Server gestört ist."...
 Die Kapelle des Studentenheims Peter-Jordan-Straße ist eisig. Die Heizung ist seit längerem ausgefallen, und den Fußboden aufzustemmen, um nach dem Fehler zu suchen, wäre zu viel des Aufwands. Der denkmalgeschützte Raum aus blankem Beton sieht im Dunkeln aus wie ein großer Luftschutzkeller, und er ist ein Statement demokratisch gesinnter Schlichtheit. Kurz vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil von Ottokar Uhl entworfen, enthält er kein festes Kircheninventar, alles im Raum kann verschoben werden bis auf die Säulen und den Tabernakel, der wie ein kleiner Tresor fest in die Betonwand eingelassen ist, aber so platziert, dass jeder und jede ihn berühren könnte.
Früher feierte man wöchentlich eine Messe im Studentenheim mit "Zugehpriestern"Heute reicht einmal im Monat."..
 Der Festsaal wird nicht oft genutzt. "Er stammt aus einer Zeit, als die Kirche glaubte, sie könne für Studentinnen und Studenten noch ein Milieu bilden", sagt Kouba. Die Rechnung ist nicht aufgegangen. Denn die christlichen Kirchen bilden kein soziales Milieu mehr, die Selbstverständlichkeit des Hineinwachsens, das den Kirchen Zulauf bescherte, existiert nicht mehr. Und vielleicht sind nicht Religion, Religiosität oder Spiritualität die heute eigentlich herausfordernden Begriffe, sondern - gerade im Durchlauferhitzer Universität - das Konzept der Gemeinde. Dass das Christentum den Glauben als rein private Angelegenheit nicht akzeptiert, sondern notwendig an Gemeinschaft knüpft, ist in der individualisierten Gesellschaft der eigentliche Skandal."
der ganze Artikel von Andrea Roedig:  http://derstandard.at/1395362845725/Die-Seele-und-ihr-Zweck