von Thomas Pöll 2014/03/13
Nicht nur die Priester und Bischöfe gehen zu viel ins “Papstkino”. Auch die “Menschen da draußen” sollten aufhören, sich von Papst Franziskus hypnotisieren zu lassen.Erkennt man die Wichtigkeit einer Person daran, dass schon Wochen davor jeder der Erste sein will, der eine Geschichte zu “1 Jahr XY” bringt? Daran, dass sie nach nicht einmal einem Jahr im Amt “Person of the Year” im Time Magazine und “on the Cover of the Rolling Stone” ist?
Oder daran, dass alle sagen: jetzt warten wir einmal ab, was da WIRKLICH rausschaut bei den Ansagen von Jorge Mario Bergoglio, heute seit einem Jahr Papst Franziskus?
Bringt er “das” durch? (Und das, obwohl noch gar nicht so klar ist, was “das” genau ist.)
Überlebt er das überhaupt? (Ein bisschen Thrill und Verschwörungstheorien müssen schon sein.)
Fest steht: der Mann hat begonnen, eine Lücke aufzufüllen, die nichts anderes als riesig ist. Eine Lücke nicht nur in der Kirche, sondern in der Gesellschaft generell und als Wegweiser für das Leben jeder und jedes Einzelnen. Wo ist außer ihm eine Führungsfigur von Relevanz, die immer wieder so aufs “gemeinsame Menschsein” pocht, auf Solidarität, auf die Suche nach Freude im Leben? Die ziemlich “linke” Werte mit Konservativem verbindet und auf dessen Fahnen ganz groß steht: “Verurteile deinen Nächsten nicht?”
Aber jetzt wissen wir das und jetzt ist es genug.
Verstehen sie mich nicht falsch – Franziskus soll weiter leben und wirken und sprechen und reisen und begeistern und immer kleinere Autos fahren und kranke oder eingesperrte Menschen umarmen. Aber es wird Zeit, dass WIR etwas tun und nicht – wie es Pfarrer(initiativensprecher) Helmut Schüller vornehmlich an den Bischöfen und Kardinälen kritisiert – “im Papstkino sitzen und warten, welcher Film heute läuft”.Es ist Zeit, im eigenen Leben etwas mitzunehmen und zu TUN.
Für engagierte Gläubige heißt das zum Beispiel (und da bediene ich mich wieder Aussagen Schüllers, die er vor ein paar Tagen in einer Diskussion der Cursillo-Bewegung über die Zukunft der Pfarren gemacht hat):
- Offensiv ins Gespräch gehen. Mit Pfarrern und anderen Kirchenfunktionären darüber reden, wie das Leben wirklich ist und was im kleinen Rahmen getan werden kann, um in den Freiraum zu gehen, den Franziskus geistig eröffnet hat.
- Auf die eigene Lebenskompetenz und -geschichte verweisen, wie
man sein Leben im Glauben gelebt hat, was man geleistet hat
durch all die Brüche und Wechselfälle des “normalen” Lebens
– in Gesprächen, e-Mails, “durchaus auch mit dem guten
alten Brief” (Schüller), denn “was geschrieben ist,
ist in der Welt – und wer weiß, wo der Brief zu liegen kommt?
Vielleicht landet er nicht beim Adressaten, sondern auf dem Tisch
von jemandem, wo er viel mehr Wirkung entfaltet?”
Ein Stück des Weges mit Jorge Mario Bergoglio
Und für die sogenannten “Kirchenfernen”? Auch hier gilt:- Nicht nur zuschauen, sondern sich anstecken lassen und menschlicher und freundlicher leben, verantwortungsvoller für das eigene Leben und das der anderen und für unsere Gesellschaft und unseren Planeten.
- Um es mit einem Ausspruch des verstorbenen
Alt-Langzeitbundeskanzlers Bruno Kreiskys zu sagen (getätigt
übrigens im Zusammenhang mit der Werbung um Wähler, die “die
Roten” aus Prinzip abgelehnt hatten): ein Stück des Weges
gemeinsam gehen.