Zumindest aus Filmen und Zeitschriften
kennen wir diese ganz besondere Art der Begrüßung etwa in Indien.
„Namaste“ sagen die Menschen, sie legen dabei die Handflächen
aneinander und neigen ehfurchtsvoll den Kopf. „Ich grüße das
Göttliche in Dir“. Sicher, auch in Indien ist das wohl in den
meisten Fällen nur mehr ein Ritual – aber was wäre, wenn wir das
einmal probieren würden, unsere Begrüßungen, unser „Grüß
Gott“, auch mit diesem inneren Anspruch zu verbinden. Wenn wir das
einmal üben würden, im Anderen das Außergwöhnliche, das
Wunderbare, das Gute, ja, das Göttliche zu sehen? Gerade auch dann,
wenn dieser Andere auf den ersten Blick nur nervt und man manchmal
sogar vermeiden will, dass die Blicke einander treffen.
Immer wieder ertappe ich mich dabei,
wie ich auf die andere Straßenseite gehe, um so einen „Jemand“
erst gar nicht zu treffen. Wie geht’s mir erst mit der mürrischen
Frau an der Supermarktkasse, die offensichtlich immer nur zu mir so
extrem unfreundlich ist?
„Blunzen“ denk ich mir, und fühle
mich schon sehr edel, weil ich es nicht laut sage.
Werde ich morgen etwas anderes an ihr
entdecken können?
„Die Heiligen sind,was sie sind,
nicht weil ihre Heiligkeit sie in den Augen der anderen zu
bewundernswerten Mensschen macht, sondern weil ihre Heiligkeit ihnen
ermöglicht, alle anderen Menschen zu bewundern.“
Thomas Merton
1915-1968
Trappistenmönch, Mystiker, Schriftsteller, Dichter und
Friedensaktivist,im Dialog mit dem Dalai Lama, Buddhismus und
Hinduismus