15.Sonntag JK Mt.13.1 Das
Gleichnis vom Säman
Wenn man die Evangelien wie einen Roman
liest, dann kann man das Gefühl bekommen, dass man es mit zwei
verschiedenen Hauptpersonen zu tun hat, die zufällig den gleichen
Namen haben: Jesus
Da gibt es den warmherzigen,
liebevollen Jesus, der sich auch über Gesetze hinwegsetzt, um
Menschen gut zu tun und zu heilen. Einen Jesus, der mitweint, der
Tote zum Leben erweckt, einen Mann, der nicht zulässt dass eine Frau
gesteinigt wird. Einen Frommer, der Gott seinen Vater nennt, einen
Vater, der immer mit offenen Armen auf seine Kinder wartet.
Und derselbe Jesu kann hart
sein,ausgrenzend, kann Menschen in gute und böse einteilen, kann zur
Kenntnis nehmen, dass es die einen schaffen werden und die anderen
nicht.
Das Gleichnis vom Sämann gehört für
mich in diese 2.Kategorie. Ja, nicht überall geht der Same auf –
und in seiner Auslegung führt Jesus aus,weshalb das so ist.
Aber ich will den Spieß umdrehen.
Jesus, horch mal: deine Geschichte
beginnt beim Sämann, beim Bauern.
Warum verteilt ER seinen Samen so
unachtsam, so willkürlich? Warum passt ER nicht besser auf? ER muss
auch wissen, dass der Wind die Saat vertreibt. Das ist nicht Schuld
der Saat und nicht Schuld des Bodens. Ein kluger Bauer weiß das. So
ist das Leben – und ein weiser Bauer weiß auch, dass er nicht von
überall den gleichen Ertrag erwarten kann.
Ich könnte Gott auch fragen, warum
verteilst du das Gute so ungerecht, warum haben es manche Menschen um
so viel schwerer als andere im Leben, warum bin ich in Wohlstand
hineingeboren und andere in lebenslange Armut, die sie vielleicht am
„gut sein“ hindert - wie kannst du von allen das Gleiche
erwarten?
Kann es immer auf alles eine Antwort
geben?