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Sonntag, 13. Juli 2014

Christine und das Gottes Gen

                                                              

                                                   Christine Mayr-Lumetzberger 
2002 war es - zumindest  in der römisch-katholischen Kirche - ein Skandal. Mehrere Frauen sind zu Priesterinnen geweiht worden, durch einen katholischen Bischof (den die offizielle Kirche natürlich auch als "abspenstig" betrachtet) -  Jahre später ist Christine dann auch zur Bischöfin "gesalbt" worden - alles, alles illegal sagt die römische Kirche und so sind auch alle Priesterinnen exkommuniziert worden - oder wie es  kirchenbürokratisch gesehen wird: haben sich durch ihre
"Un-Tat" selbst ex kommuniziert. Außenstehenden kommt das reichlich mittelalterlich vor.                                
Ich habe immer große Sympathie für die "Priesterinnen" empfunden, andererseits finde ich, dass sie letztlich in alten Strukturen agieren - wenn schon, denn schon...dann wünschte ich mir ein bissl mehr NEUES...nur Hierarchie "weiblich" ist noch nicht das, was ich mir vorstelle.
Und dennoch: wunderbar, dass es diese Frauen gibt, ganz wunderbar.
Zufällig, durch facebook, bin ich in Kontakt mit Christine Mayr-Lumetzberger gekommen, und ich war ganz angetan von ihrem "unkompliziert und authentisch" sein.
Für meine "Ollala - geistlichen Freunde" habe ich sie gefragt: 
Christine, was ist DEINE SEHNSUCHT, was hat dich "getrieben"
NUR der Ehrgeiz ist es nicht,wenn Menschen ein sicheres Umfeld aufgeben 
und sich ganz Neuem aussetzen.  
Hier Christines Text - die Fotos habe ich ua auch von ihrer facebook Seite, 
"Betrachtungen zu einem wichtigen Satz: "Wir wollen nicht Herren sein über euren Glauben, sondern wir sind Diener eurer Freude" (2 Kor 1,24)

Beim Durchsehen meiner Bilder suche ich lange, bis ich ein richtig „ernsthaftes“ finde. Oft lache ich, meistens lächle ich, auf jeden Fall bemühe ich mich immer, wenigstens freundlich zu schauen. Mein Lachen hat sogar einen meiner Weihebischöfe irritiert, weil er mich für zuwenig ernsthaft gehalten hat. Ich konnte den Zweifel ausräumen.
 
Immer wieder flattern über meinen Monitor Bilder von Priestern und Bischöfen, die echt verzwickt schauen. Diese ermahnen mich, meine Freude am Glauben, am priesterlichen Dienst,  meine freudige Hoffnung auf die Hilfe des heiligen Geistes lebendig zu halten.

Ich glaube schon, dass ich das „Gottes-Gen“ geerbt habe. Ich hatte fast immer Freude an Kirche, Gottesdienst und allem Drumherum. Ich mochte auch Priester, weil ich meinte, dass sie einen besonderen Draht zum lieben Gott haben müssten. Die Realität hat mich alsbald eines Besseren belehrt. 
Aber als ewige Gottsucherin habe ich doch immer wieder Menschen getroffen, die die Himmels-Telefonleitung aktivieren konnten. Das waren selten die sauertöpfischen oder die ganz ernsthaften. Sie sind fröhlich, genießen die Freuden des Lebens. Ihre Askese besteht nicht darin, beim gedeckten Tisch nach den Brotrinden zu greifen. Vielmehr, sie meckern einfach nicht darüber, was auf ihren Teller kommt oder nicht – sie sind dafür dankbar.

Als Diakonin war mir klar, dass nicht ich im geistlichen Amt gefeiert werde. Es war mein Dienst, darauf zu achten, dass die anderen ihr Mahl bekommen – an den Tischen zur Sättigung, am Altar zur Stärkung der Seele und Gemeinschaft.

Als Priesterin stehe ich der Liturgie vor. Das heißt, ich bin vorbereitet, ich blättere nicht in den Messbüchern oder begrüße die Menschen mit falschem Namen. Wertschätzendes Verhalten ist meine erste Aufgabe, der Respekt vor, dem „Leib Christi“, der die Kirche ist. Das sind die Menschen, diejenigen, die da sind. 

 

Als Bischöfin ist mein erster Dienst der „Dienst an der Einheit“. Das Mühen um Verständigung, das Zuhören, das Erahnen des nicht Gesagten, das Nachfragen und Verstehen sind Aufgaben, die gelernt und geübt werden wollen.

Das Mühen um das Verstehen der verschiedenen Sprachen – damit meine ich nicht die Fremdsprachen – ich meine die Zwischentöne und die Sprachen des Körpers, der Stimme, der Situationen – das sind wahrhaft priesterliche Aufgaben. Nein, dazu muss man/frau nicht Bischöfin sein. Aber das Mühen um die Kenntnis dieser Sprachen erleichtert den Dienst. Das „Gottes-Gen“ ist ähnlich wie eine musikalische Begabung, es erspart nicht die Mühen des Lernens und Übens. 
                                             Bischöfinnen Konferenz in den USA Juli 2014
Und dann freue ich mich über das, was ich habe und bekomme. Es bleibt immer die Sehnsucht nach mehr. Aber es wird weder gejammert noch gemeckert, sondern gelacht oder wenigstens gelächelt.
Allen meine „geistlichen“ FreundINNEN und Freunde will ich am Ende ihres Beitrages aber auch noch eine Frage stellen: gibt es ein Gebet, einen Gedanken, ein Mantra, ein Gedicht – das für Dich, dass für Sie besonders wichtig und GUT ist. Etwas, zu dem man- in guten und weniger guten Stunden – Zuflucht nimmt, etwas, das einem hilft, ruhig macht, tröstlich ist, Zuversicht gibt
Christine schrieb:
Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus, meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht“
und alle Psalmen - da kannst viel unterbringen - alles Gottvertrauen und alle Feinde! Die Menschen haben schon gewußt, was sie dem lieben Gott sagen können und ich weiß es auch!



Wer noch ein bißchen mehr lesen will - übers "Gottes Gen": hier Auszüge aus Christines "Sehnsuchts"Biografie, die sie noch vor ihrer Priesterweihe 2002 schrieb
"Ich bin die älteste Tochter religiöser Eltern, geboren 1956 in Linz, Oberösterreich...Meine Mutter war von katholischen Jugendgruppen geprägt, mein Vater war Kolpingssohn. Für alle vier Kinder waren Sonntagsmesse, Frühkommunion und Frühbeichte selbstverständlich... 
Gemeinsam mit meinen Geschwistern spielte ich immer wieder Messe. Geduldig schnitten wir mit einer Nagelschere aus Backoblaten Hostien, die dann in einem Eierbecher aufgewahrt wurden. Mein Bruder wollte immer den Pfarrer spielen, aber er konnte nur die Wandlungsworte auswendig sprechen. Als Bub reklamierte er die Rolle des Pfarrers für sich, meine Schwester und ich konnten aber auch die übrigen Messtexte auswendig.......


In der Gemeinde gab es bereits Anfang der 70er Jahre einen Liturgiekreis, in dem ich auf Empfehlung des Pfarrers mitarbeitete. Endlich konnte ich auch am Altar stehen oder wenigstens am Ambo und mitarbeiten am Gottesdienst. Den konkreten Wunsch, Priester zu werden, getraute ich mich damals noch nicht zu formulieren; ich hatte ja auch niemanden, dem ich das hätte erzählen können... Gezielt suchte ich die Bekanntschaft von Ordensleuten und Priestern, informierte mich über Ordensregeln und Klöster,


Nach meinem Schulabschluss trat ich in das Kloster der Benediktinerinnen des Unbefleckten Herzens Mariens ein. Ich erhielt den Schwesternnamen “Marie Christin” und wählte die “Allerheiligste Dreifaltigkeit” als Adelsprädikat. Ich hoffte, am Ziel meiner geistlichen Wünsche zu sein. Ich nahm die Ordenserziehung sehr ernst.. und liebte und genoss das stundenlange Chorgebet.Ich hielt das Klosterleben für eine unentbehrliche Vorstufe auf meinem Weg zum Altar. Die Aufgaben der Schwestern in Richtung alleiniger Pfarrführung schienen mir interessant. Nach Postulat, zwei Jahren Noviziat und Profess wollte ich zum Theologiestudium nach Salzburg. Mit dem Hinweis auf den Gehorsam musste ich nach Linz auf die Akademie, um Religionslehrerin zu werden. Die Ausbildung war gut, aber nicht die, die ich wollte. Es gab Konflikte mit den Oberinnen und einige Erlebnisse, die mich bewogen, mein Suchen nach Gott neu zu beginnen. (Die Suche nach Gott ist die eigentliche Frage an jemanden, der an das Tor eines Benediktinerklosters klopft, um einzutreten.)
Nach fast 5 Jahren verließ ich das Kloster am Ende meiner Professzeit, schweren Herzens, wieder nicht das Gesuchte gefunden zu haben, aber reich beschenkt mit geistlichen Erkenntnissen. Innerlich bin ich Benediktinerin geblieben, auch wenn ich den äußeren Habit abgelegt habe. Die Profess mit der ernstlichen Ausrichtung auf Gott hin gilt für mich immer noch.

Ich weiß mich von Gott geliebt, gerufen, auserwählt, aber auch ausgesetzt. Immer wieder muss ich auch für mich die Zugänge zu den Geheimnissen suchen, denn sie gefunden zu haben, heißt gleichzeitig, sie auch verloren zu haben. Ich möchte Priester sein in meiner konkreten Lebenssituation, für die Menschen, die ich lieb habe, die mir gegeben und anvertraut sind, für meine konkrete Zeit und ihre Fragen und Probleme. Ich möchte nicht kämpfen müssen für die Kirche in 100 Jahren, denn ich lebe jetzt. Ich will die Zeit nützen, die ich habe, und nicht Phantomen nachjagen müssen"  Christine Mayr-Lumetzberger