Johannes vom Kreuz, Denkmal vor Karmeliterkloster in Salamanca 1993
14.12.2022 Johannes vom Kreuz Lk.14.25 wer nicht alles verlässt
Christliches Leben ist durch-kreuztes Leben – wir erfahren es auch in diesem Advent. Ein Advent, der alles andere als „heimelig“ und romantisch ist. Fast vor unserer Haustüre sind Menschen einem grässlichen Krieg ausgesetzt, Sorgen vor der Zukunft beschäftigen uns alle. Wie umgehen mit all den Problemen, wir erleben eine Zeitenwende. Kann da Religion mehr sein als ein Placebo? Der Heilige des heutigen Tages, Johannes vom Kreuz, (1542-1591) scheint uns Lichtmeilen entfernt – und doch kann uns sein Leben eines lehren: gerade, wenn die Verzweiflung sehr groß ist, dann soll man „loslassen“ – loslassen, ja bisweilen sogar die Hoffnung. Denn oft erst, wenn man ganz „ohne“ dasteht, wenn man glaubt, ganz „unten“ angekommen zu sein – dann erst kommt plötzlich auch wieder Licht ins Leben. Johannes vom Kreuz spricht immer wieder von der „dunklen Nacht“. In ihr bleibt nur das „loslassen“ – und das einwilligen, in das, was ist. Das scheint realitätsfern, „mystisch“ gedacht – aber probieren wir es einfach einmal, nur in Gedanken. Bitten wir heute:
dass wir loslassen, Ängste und Sorgen, die uns über den Kopf wachsen dass wir loslassen, Kränkungen und Enttäuschungen dass wir loslassen, das Gedankenkarussell im Kopf, alle wenn und aber
dass wir loslassen, wenn wir glauben alles selbst machen zu müssen dass wir loslassen, wenn wir krank sind und unsere Gesundheit in andere Hände legen müssen dass wir loslassen, wenn wir keinen Erfolg für unsere Anstrengung sehen
dass wir loslassen, die Sicherheit des Bisherigen dass wir loslassen, all das, was uns nicht mehr gut tut dass wir loslassen, all die fixen Vorstellungen darüber, wie wir selbst und auch die Anderen sein sollten
dass wir auch Menschen los-lassen können dass wir nicht Besitz ergreifen von Menschen, die wir lieben dass wir niemand an uns binden, dass wir niemand verpflichten
Gott, lass uns auch alte liebgewordene Gottes Bilder loslassen, damit wir neu sehen können lass uns alte Rituale loslassen, damit wir dir immer wieder neu begegnen gib uns Vertrauen in unsere leeren Hände
Ja, darum bitten wir in diesen Tagen des Advents. Lass uns los-lassen, da und dort ein Fehlverhalten, da und dort etwas, was uns nicht gut tut – aber lass uns vor allem immer weniger Angst haben vor dem letzten Los-lassen – Lass uns, und alle, die schon gestorben sind, den Halt deiner liebevollen Hand erfahren. Amen