23.1.2016 Mk.3.20 Er
ist von Sinnen
Der Schreiber des Markus Evangeliums hat Sinn für Spannung
und Drastik. Man kann sich den Bericht fast in einem Gratis U Bahnblättchen
vorstellen. Da ist dieser eigenartige Jesus, um den es sich richtig „abspielt.
Wo er hinkommt, sind die Massen. Die einen sind begeistert, die anderen – die vom Establishment – sind empört. Da ist aber auch seine Familie – für die wird das alles ebenfalls zum Horror „Wir müssen den Jungen heimholen, sagen sie, der
spinnt ja, der ist verrückt“
Das dürfen wir nie
vergessen: Jesus ist nicht abgehoben als der liebe Heiland herumgezogen. Er war
ein normaler Mann, und auch seine Mutter und seine Verwandten haben ihn wohl
nicht gleich als Gottes Sohn gesehen und verehrt. So jemanden in der Familie zu
haben, der Aufsehen erregt, das ist nicht einfach. Man ahnt vielleicht: Ja, der
junge Mann könnte etwas Besonderes sein – aber im Alltag kann es sehr peinlich
sein, einen Angehörigen zu haben, der „anders“ ist. Denken wir nur, wie
ausgegrenzt bis vor kurzem noch
homosexuelle Menschen waren – Jesus hat ganz sicher nichts gegen diesen
Vergleich
bitten wir heute
dass wir Jesus nicht nur verklärt sehen, sondern auch seine
Ecken und Kanten
dass wir uns ruhig mehr an ihm stoßen, Anstoß nehmen, weil
wir uns mit ihm ehrlich auseinandersetzen
dass wir das Ungewöhnliche, das Provokante, das so ganz
Andere an Jesus wahrnehmen
dass wir immer wieder auch an das durch und durch menschliche
Leben
von Jesus und Maria und ihrer ganzen Familie denken
dass wir uns aus diesem Leben Geduld abschauen, Toleranz,
einen langen Atem für alles, was wir selbst nicht gleich verstehen
dass Jesus „nachfolgen wollen“ auch heißt: in Kauf nehmen,
dass wir selbst auch bisweilen als komisch, als seltsam angesehen werden
dass wir mit dem Blick auf Jesus Geduld und Respekt vor
allen Menschen haben, die aus dem Rahmen fallen, die nicht angepasst sind, die
ihren eigenen Weg gehen und oft anecken
bitten wir, dass vor allem auch unsere Kirche niemanden
ausgrenzt, der „anders“ ist
Du guter Gott, wir
danken dir, dass wir mit Jesus auf dem Weg sein dürfen – durch alle Höhen und
Tiefen, auf allen Umwegen und Irrwegen unseres Lebens: denn sie alle führen zu
dir. amen