Weil noch einmal die Sonne heraus kommt, dehne ich einen Spaziergang aus und
suche mir eher abgelegene schattige Wegerln ...
ein Stück sogar steil bergauf, da ist die Arthur Oma stolz, dass sie das noch flott
derschnauft. Wieder auf einem üblichen Spazierweg - aber weit und breit an diesem
Feiertag niemand unterwegs ... ich genieße es
bis ...plötzlich um die Wegbiegung einer Gruppe Jugendlicher kommt, ausländische
Jugendliche.
Sie kicken einen Fußball, obwohl der Weg bergauf geht ....
und während ich noch wohlwollend hinschaue: brav, sportlich!!
teilt sich die Gruppe plötzlich und ich merke, dass sie mich so ein bißchen
umtänzeln wollen - immer den Fußball von einem zum anderen kickend.
Ich kann nicht ausweichen, bin in der Mitte der etwa 7,8 jungen Männer:
lachend rufen sie sich Worte zu, sie sehen mich an
- und in mir steigt Angst hoch, ich hasse mich für diese Angst, aber ich spüre sie
soll ich den jungen Männern voll ins Gesicht schauen?
soll ich wütend sein?
soll ich freundlich lächeln?
ich bin total unsicher, tue so, als müsste ich angestrengt auf den Weg schauen
der Ball geht noch einmal knapp an mir vorbei von einem zum Anderen
dann habe ich die Jugendlichen hinter mir gelassen
ich atme auf, da höre ich zwei rufen, es klingt wie:
"Servas" (sehr integriert)
"Servas Frau"
Jetzt drehe ich mich doch um, ich versuche ganz unbefangen zu lächeln
winke kurz und rufe: "Schönen Nachmittag"
Als ich mich wieder auf "meinen" Weg mache -
tauchen vor mir
noch einmal 3,4 Jungendliche auf,
die eindeutig zur anderen Gruppe gehören, die nun oberhalb von meinem Weg ist
Der Kleinste der nachkommenden Gruppe geht nun direkt auf mich zu, e r schaut
irgendwie keck aus, ist zwar kleiner als ich, aber was nützt das "im Ernstfall"
Ja - ich schäme mich - ich denke "an den Ernstfall"
Ich habe gar nichts bei mir, zwei Papiertaschentücher, nicht einmal ein handy
nur den Wohnungschlüssel. Ich könnte ihnen nicht einmal zur De-Eskalation etwas geben
Der Kleine hupft so links und rechts von mir herum, ich muss stehen bleiben ....
genervt schauen bringt nichts, also versuche ich "normal" zu schauen,
halt so irgendwie erstaunt
Der Kleine, ca.16,17 Jahre hupft noch immer und schreit mir dann
laut ins Ohr
"sgoot" -
es klingt wie "s'Gott" - wie man sich das früher auf dem Land zugerufen hat
"sgoot"
also sage ich: Meinst du "Grüß Gott?"
Gemeinsam rufen die Burschen jetzt "sgoot"
Nun kommen auch die, die schon weiter oben am Weg sind, wieder näher herunter
Na Danke schön denke ich mir - nirgendwo taucht ein anderer Fußgänger auf...
wie lange kann man sich fürchten und so tun, als täte man es nicht
Plötzlich erinnere mich an meine vielen Besuche in der kleinen Flüchtlingssiedung,
an die Männer die dort am Weg herumsaßen - und wie erstaunt erfreut sie waren,
wenn ich mit Salam gegrüßt habe ..
Also sage ich "Salam" - Salam - Salam
und die Burschen klatschen in die Hände und rufen "sgoot" und "Salam"
Ich sage noch einmal "Salam"
...sie lachen
dann gehe ich flott weiter ...dreh mich auch noch einmal um und winke
...aber ...eigentlich drehe ich mich um um zu sehen, ob .....
ob die Burschen mir ja auch wirklich nicht nachkommen
aber die Burschen verschwinden
laut miteinander redend, so hin und her rufend...
Ja, das wars
Ich gebe zu, ich habe mich gefürchtet
das macht mir Angst
Was ist los
Mit mir?
und überhaupt?
