7.1.2024 Fest der Taufe Jesu Mk.1.7
Mit dem heutigen Fest der „Taufe Jesu“ endet in der Liturgie offiziell die Weihnachtszeit. Das Evangelium berichtet nicht mehr von dem neugeborenen Kind, sondern von dem Mann Jesus. Er ist zu diesem Zeitpunkt etwa 30 Jahre alt und will sich taufen lassen. So wie es viele andere Menschen zu dieser Zeit auch tun. Am Jordan tauft der Wüstenprediger Johannes – und er vollzieht nun auch an Jesus diesen Ritus. Jesus taucht tief ein ins Wasser des Jordan, aber als er wieder ans Ufer steigt, so berichtet das Evangelium, da sieht Jesus den Geist Gottes auf sich herabkommen und Jesus hört eine Stimme, die ihm zusagt: Du bist mein geliebter Sohn. Dich habe ich erwählt. Es ist der entscheidende Moment, in dem Jesus seine Berufung erfährt. Auch für uns, und nicht nur in der Taufe, reißt immer wieder der Himmel auf, auch uns wird immer wieder gesagt: „Du bist geliebt, dich habe ich erwählt“. Aber vielleicht, ehe wir die Stimme unserer Berufung hören - müssen wir untergetaucht werden, wie im Fluss Jordan, müssen wir manchmal zuvor den Boden unter den Füßen verlieren. Müssen wir so manche Sicherheit und Selbstgewissheit verlieren. So bitten wir heute
lass uns eintauchen – manchmal wohl auch unter Tränen -
in das Geheimnis des Lebens
in Trauer und Schmerz, in Freude und Hoffnung
dass wir unter die Oberfläche gehen,
dass wir voll Vertrauen den festen Grund finden
auf dem wir auch in den Krisen unseres Lebens stehen können
lass uns eintauchen in das Geheimnis des Lebens
lass uns immer wieder Menschen und Orte finden
wo wir das Besondere in unserem Leben erspüren
wo wir uns von dir zutiefst geliebt wissen
wo wir unseren ganz eigenen Auftrag,
unsere Bestimmung erkennen
lass uns eintauchen in das Geheimnis des Lebens
dass wir das Leid der Vielen wenigstens in unseren Herzen mittragen
das Leid der Menschen in den Kriegsgebieten
das Leid der Flüchtlinge überall auf der Welt
das Leid all derer, die im Leben zu kurz kommen
und keine Gerechtigkeit erfahren
lass uns eintauchen in das Geheimnis des Lebens
dass wir immer besser verstehen
dass wir Leben nur gewinnen, wenn wir
loslassen, wenn wir teilen und uns hergeben
lass uns dankbar, gütig und geduldig sein
bewahre uns vor Bitterkeit und allen geschürten Ängsten
Beten und bitten wir mit Worten der Dichterin Hilde Domin:
"SoTauche uns ein
wasche uns mit dem Wasser der Sintflut
durchnässe uns
bis auf die Herzhaut.
Denn, der Wunsch nach der Landschaft diesseits der Tränengrenze
taugt nicht,
der Wunsch, verschont zu bleiben, er
taugt nicht.
Es taugt nur die Bitte,
dass bei Sonnenaufgang die Taube den Zweig vom Ölbaum bringe,
…dass wir aus der Flut,
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem zu uns selbst entlassen werden".
Darum bitten wir,
guter Gott lass uns aus den Fluten
unserer Sorgen und Ängste immer wieder auftauchen, als Menschen, die allen Grund ihrer Hoffnung und Zuversicht in dir finden. Öffne deinen Himmel über uns, sende uns deinen
heiligen Geist. Amen
Wir werden
eingetaucht
und mit den Wassern der Sintflut gewaschen
Wir werden durchnässt
bis auf die Herzhaut
Der Wunsch
nach der Landschaft
diesseits der Tränengrenze
taugt nicht
der Wunsch den Blütenfrühling zu halten
der Wunsch verschont zu bleiben
taugt nicht
Es taugt
die Bitte
dass bei Sonnenaufgang die Taube
den Zweig vom Ölbaum bringe
dass die Frucht so bunt wie die Blume sei
dass noch die Blätter der Rose am Boden
eine leuchtende Krone bilden
und dass
wir aus der Flut
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.
Hilde Domin, Bitte.
Aus: dies., Gesammelte Gedichte.
Copyright: S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1987