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Mittwoch, 18. Februar 2015

nur so - der Tag mit dem Aschenkreuz

immer wieder freue ich mich auf die Zäsur der Fastenzeit - und bin damit sicher nicht allein.
Da hat man endlich wieder ein Datum, eine Motivation, einen "zwingenden" Grund, sich
ein bissl mehr am Riemen zu reißen.
Aber ich weiß, Gott braucht meine "Opfer" nicht.
Wenn es mir gelingt - wenn es mir gelänge - weniger oft zur Schokoloade zu greifen: dann kann mir
das nur selbst gut tun. Der Figur tuts gut, vielleicht auch der Disziplin -
aber mit GOTT hat das wirklich nichts zu tun.
Als Kind habe ich mir Steinchen in die Schuhe gelegt, weil man mir wohl irgendwo erzählt hat,
wie gern Gott auf unser Leiden sieht -
wie er auch Leiden "braucht" - zur "Sühne"
Jesus - FÜR UNS gelitten und gestorben ...
Da oben der rächende Vatergott - den nur mehr Leid und Tod versöhnlich stimmen können
Wir unten - schuldig am Tod eines anderen, gräßlich

ich habe bald rebelliert
Lieber in die Hölle (nein, an sie glaube ich aber auch nicht),
                               als dass ein anderer "meinetwegen" Leid ertagen muss.

Dieses Bild von Jesus, sterbend am Kreuz - MEINETWEGEN - das hat mich
als Kind zur Verzweiflung gebracht. Von einem Holzkruzifix daheim habe ich den corpus abgenommen - nein, das wollte ich mir nicht ansehen -
ich wollte und WILL nicht glauben, dass Gott das Leid braucht, dass Gott unser Leid WILL,
dass es gut so ist, wenn wir "durch Leiden" ... irgendwohin gelangen
Den göttlichen Zweck hinter all dem Leid ertrage ich nicht
"Wen Gott liebt - den schlägt er": UNERTRÄGLICH
"Gott SCHLÄGT - aber er verbindet auch die Wunden"
Das alles empfinde ich als krankes Denken

Das Leid gibt es, Schmerz gibt es, Verzweiflung gibt es, Ausweglosigkeit gibt es -
und ich muss aushalten, dass ich darauf keine Antwort weiß.
Dass ich mir nicht sagen kann "mein Gott macht daraus das große Heil"
Nein, ich weiß nicht, was mein Gott macht
ich weiß nicht, WO er ist, wenn Unfassbares geschieht
Vom kleinen Kind, das stirbt bis zum Abschlachten von Menschen (das wir als Christen
übrigens auch noch vor hunderten Jahren fromm abgesegnet und praktiziert haben)
Nein, für mich ist KEIN GOTT IM LEID

Ich sehe -ja vielleicht sehe ich
Gott selbst leidet
Jesus am Kreuz -
die Verzweiflung, in der Gott sich selbst dem Leid ausliefert
die Allmacht abgibt - die Ohnmacht annimmt
die Solidarität, in der er mit uns das Unbegreifliche trägt
in JEDEM einzelnen Menschen, der hilflos dem Leid ausgeliefert ist
GOTT im MIT-LEIDEN, ein MIT-LEIDENDER
nicht hoch oben, es "besser" wissend
(und irgendwann werden wir schon drauf kommen WARUM all das Leid)

ich suche kein Leiden und ich sehe "im Leiden an sich" keinen Sinn
Es ist nicht das Leiden, das mich besser macht, das mich reifer macht, das mich "wachsen" lässt
Nein, wenn ich leide - dann ertrage ich es, weil es unbegreiflicherweise zum Leben dazugehört..
einfach so, auch in Solidarität mit denen, die noch unvorstellbar mehr leiden

ich sehe keinen göttlichen Sinn im Leiden,
kein Gott steht mir bei, mich mit einem "guten Sinn" zu trösten

Aschermittwoch und die Fastenzeit - das ist für mich nicht die Zeit zum "mich abquälen"
Ganz im Gegenteil:
Ich will FREUDE haben - gerade JETZT, gerade in der Fastenzeit
ich will GERNE TUN, was ich tue - oder nicht tue
Und wenn es mich morgen verbittert, dass ich mir ein Stück Schokolade vom Mund
absparen soll - dann will ich lieber die Schokolade essen und ich werde sagen

DANKE DANKE DANKE - 
das soll meine Fastenzeit sein
ein
DANKE DANKE DANKE -