Die Theologie bzw. "..der Theologe wird in seinen Clownsgewändern aus dem Mittelalter oder aus welcher Vergangenheit auch immer gar nicht ernst genommen. Er kann sagen, was er will, er ist gleichsam etikettiert und eingeordnet durch seine Rolle. Wie er sich auch gebärdet und den Ernstfall darzustellen versucht, man weiß immer im Voraus schon, dass er eben - ein Clown ist. In diesem Bild ist ohne Zweifel etwas von der bedrängenden Wirklichkeit eingefangen, in der sich Theologie und theologische Reden heute befinden; etwas von der lastenden Unmöglichkeit, die Schablonen der Denk- und Sprechgewohnheiten zu durchbrechen und die Sache der Theologie als Ernstfall menschlichen Lebens erkennbar zu machen."
Hier der Text im Zusammenhang, zitiert am 17.4.2012 in der Ö! Sendung "Gedanken für den Tag"
http://religionv1.orf.at/projekt03/tvradio/ra_gedanken/ra_ged120417_matic_fr.htm
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer
Wer
heute über die Sache des christlichen Glaubens vor Menschen zu reden
versucht, die nicht durch Beruf oder Konvention im Innern des
kirchlichen Redens und Denkens angesiedelt sind, wird sehr bald das
Fremde und Befremdliche eines solchen Unterfangens verspüren. Er
wird wahrscheinlich bald das Gefühl haben, seine Situation sei nur
allzu treffend beschrieben in der bekannten Gleichniserzählung
Kierkegaards über den Clown und das brennende Dorf, die Harvey Cox
kürzlich in seinem Buch "Stadt ohne Gott?" wieder
aufgegriffen hat. Diese Geschichte sagt, dass ein Reisezirkus in
Dänemark in Brand geraten war. Der Direktor schickte daraufhin den
Clown, der schon zur Vorstellung gerüstet war, in das benachbarte
Dorf, um Hilfe zu holen. Der Clown eilte in das Dorf und bat die
Bewohner, sie möchten eiligst zu dem brennenden Zirkus kommen und
löschen helfen. Aber die Dörfler hielten das Geschrei des Clowns
lediglich für einen ausgezeichneten Werbetrick, um sie möglichst
zahlreich in die Vorstellung zu locken. Dem Clown war mehr zum Weinen
als zum Lachen zumute; er versuchte vergebens, die Menschen zu
beschwören, ihnen klarzumachen, dies sei keine Verstellung, kein
Trick, es sei bitterer Ernst, es brenne wirklich. Sein Flehen
steigerte nur das Gelächter, man fand, er spiele seine Rolle
ausgezeichnet - bis schließlich in der Tat das Feuer auf das Dorf
übergegriffen hatte und jede Hilfe zu spät kam, so dass Dorf und
Zirkus gleichermaßen verbrannten.
Cox
erzählt diese Geschichte als Beispiel für die Situation des
Theologen heute und sieht in dem Clown, der seine Botschaft gar nicht
bis zum wirklichen Gehör der Menschen bringen kann, das Bild des
Theologen. Er wird in seinen Clownsgewändern aus dem Mittelalter
oder aus welcher Vergangenheit auch immer gar nicht ernst genommen.
Er kann sagen, was er will, er ist gleichsam etikettiert und
eingeordnet durch seine Rolle. Wie er sich auch gebärdet und den
Ernstfall darzustellen versucht, man weiß immer im Voraus schon,
dass er eben - ein Clown ist. In diesem Bild ist ohne Zweifel etwas
von der bedrängenden Wirklichkeit eingefangen, in der sich Theologie
und theologische Reden heute befinden; etwas von der lastenden
Unmöglichkeit, die Schablonen der Denk- und Sprechgewohnheiten zu
durchbrechen und die Sache der Theologie als Ernstfall menschlichen
Lebens erkennbar zu machen.
Buch:
Joseph Ratzinger,
"Einführung
in das Christentum", Kösel Verlag 1968