Es soll am Tag vor Allerheiligen gewesen sein, im Jahr 1517, als der katholische Mönch und Theologe Martin Luther seine 95 Reform-Thesen zur Reform der Kirche an die Tür zur Schloßkirche in Wittenberg nagelte. Luther hatte seine Überlegungen zuvor in Briefform mehreren geistlichen Würdenträgern und Bischöfen zugesandt. Erst als diese nicht reagierten, kam es zum öffentlichen Thesenanschlag – wobei es historisch um die genauen Umstände ein paar Fragezeichen gibt. Wie die Geschichte aber letztlich ausgegangen ist, wissen wir. Noch heute, nach mehr als 500 Jahren, ist die Kirchenspaltung in den offiziellen Gremien nicht überwunden, wenn auch zum Glück schon unter vielen Christen. Für unsere evangelischen Freunde ist der Reformationstag jedenfalls ihr größter kirchlicher Feiertag. Bitten wir heute mit Gedanken Luthers
"Beten heißt: Gott den Sack unserer Sorgen vor die Füße werfen", sagt Luther
So bitten wir in diesen Tagen inständig, dass es uns gelingt, mit den
großen Problemen der Corona Pandemie fertig zu werden. Wir bitten um Vernunft
und Solidarität, dass sich die Menschen wieder füreinander verantwortlich
fühlen und kurzfristig eigene Interessen und Bedürfnisse hintanstellen. Dass wir aber auch in der Herausforderung des
Helfens nicht versagen
"Anfechtungen, Krisen, sind Umarmungen Gottes. Die Krise ist die notwendige Kehrseite des Glaubens. Wer nicht angefochten wird, kann auch nicht glauben", sagt Luther
So bitten wir für uns selbst, lass uns keine Angst vor Krisen haben. Lass
uns auch immer wieder die Durststrecken in unserem persönlichen Leben und so
manche Unsicherheiten aushalten. Für unsere europäischen Regierungen
bitten wir, dass gerade die, die sich als christlich empfinden, wieder zu einem
solidarischen Handeln etwa in der Frage der Flüchtlinge und Migranten finden
"Die Schwächen der Heiligen trösten uns mehr als ihre Tugenden", sagt Luther
Lass, dass wir uns für unsere eigenen Schwächen nicht genieren, wer weiß,
ob mancher Fehler, den wir machen, nicht sogar für Andere hilfreich sein kann. Für die politisch Verantwortlichen bitten
wir, dass sie in ihrem Reden und Tun verantwortungsbewusst bleiben und nicht zu
einem Klima der Ausgrenzung und des Hasses beitragen
"Das Kreuz setzt dir zu, nicht damit du darunter verkommst, sondern dass du lernst, Gott zu vertrauen", sagt Luther
Lass, dass wir uns selbst nicht krampfhaft Schweres aufladen, aber dass wir
tun und aushalten, was immer auf uns zukommt. Bitten wir vor allem, für alle
kranken Menschen und für all jene, die Opfer von Terror, Verfolgung und
Katastrophen sind.
"Die Kirche braucht eine Reformation. Diese
Reformation ist aber eine Angelegenheit der ganzen Christenheit", sagt Luther
Hilf unseren Kirchen auf dem Weg zur Erneuerung festgefahrener Positionen
und Gesetze. Hilf auch uns selbst, dass wir nicht in alten Mustern erstarren,
sondern immer wieder die neuen Herausforderungen der Zeit an uns erkennen.
"Hier stehe ich, ich kann nicht anders", auch dieses Zitat wird Luther
zugeschrieben.
Bitten wir darum, dass wir aufrechte Menschen sind, auf deren Wort man sich
verlassen kann und dass wir doch auch immer wieder fähig zu Kompromissen und
vor allem zum Vergeben sind