24.9.2024 Lk.8.19 Deine Mutter steht draußen
Wie oft hört man von schwierigen Kindern.
Nicht einmal ihre Mütter finden dann noch Zugang zu ihnen. War auch Jesus für
seine Mutter ein schwieriges Kind, ein schwieriger, junger Mann? Maria hat es sicher
nicht einfach mit Jesus gehabt. Sie war nicht von allem Anfang an die
himmlische Mutter Gottes - vieles an ihrem Sohn muss sie verwirrt haben. Im
Evangelium wird heute berichtet, dass Mutter und Brüder einmal zu Jesus kamen, ihn
aber wegen der vielen Menschen um ihn nicht erreichen konnten. Auf ihre Bitte,
er möge zu seiner Familie kommen, reagiert Jesus nicht. Vielmehr sagt er zu den Menschen, mit denen
er beisammen ist: "Die, die mich verstehen, die mir zuhören, die sind
meine Familie, die sind mir Mutter und Brüder". Seine
Mutter lässt er ungerührt vor der Türe stehen Bitten wir heute
dass wir Jesus nicht nur verklärt sehen, sondern auch seine Ecken und Kanten
dass wir das Ungewöhnliche, das Provokante, dass so ganz Andere an Jesus wahrnehmen und uns damit auseinandersetzen
dass wir immer wieder und viel mehr auch an das menschliche Leben von Jesus und Maria denken - dass wir uns aus diesem Leben Geduld abschauen, Toleranz, einen langen Atem für alles, was wir selbst nicht gleich verstehen
dass Jesus „nachfolgen wollen“ auch heißt: in Kauf nehmen, dass wir selbst auch bisweilen für andere Menschen schwierig erscheinen
bitten wir für alle Eltern, die auch so manches an ihren Kindern nicht verstehen, die oft Angst haben, ganz den Kontakt zu verlieren
bitten wir, dass Eltern ihren Kindern Freiheit und Vertrauen einräumen, dass sie ihnen nicht ihre eigenen Vorstellungen vom Leben aufzwingen wollen
bitten wir für die jungen Menschen, dass auch sie Geduld mit Erwachsenen
und Älteren haben, dass es von beiden Seiten Verständnis und Toleranz
füreinander gibt
und bitten wir, dass wir mit dem Blick auf Jesus auch Geduld und Respekt vor allen Menschen haben, die aus dem Rahmen fallen, die nicht angepasst sind, die ihren eigenen Weg gehen und für uns unverständlich sind
Du guter Gott, irgendwie sind wir wohl alle - jeder und jede auf unsere eigene Weise - schwierige Menschen: so bitten wir dich: begleite uns durch alle Höhen und Tiefen, auf allen Umwegen und Irrwegen unseres Lebens: denn sie alle führen zu dir. Amen
Hier das berühmte Gedicht des libanesisch-amerikanischen Dichters und Philosophen Khalil Gibran (1883 - 1931) Seine Werke gelten als maßgeblicher Beitrag der kulturellen Renaissance der arabischen Welt im Westen.
Eure Kinder sind nicht eure Kinder
Sie sind die Söhne und
Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch,
aber nicht von euch, und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure
Liebe geben, aber nicht eure Gedanken, denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren
Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen, denn ihre Seelen wohnen im
Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch
bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich
zu machen. Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen,
von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das
Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit, und Er spannt euch mit seiner Macht, damit
seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Lasst euren Bogen von
der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie Er den
Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.
Khalil Gibran