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Dienstag, 4. August 2015

SDS Salvatorianer 23 - Lieber Johann Baptist ...so ein Zufall (mail 1)

Wien, 4.August 2015
Lieber Johann Baptist -
ich hoffe, du bist,wenn du diese Zeilen liest jetzt so überascht wie ich, als ich bei meinem letzten Besuch in Gurtweil einen sooo langen Brief von dir zu lesen bekam.
Ja, du hast ihn nicht an mich geschrieben, sondern an deine Mama - und ich hoffe, du bist nicht ungehalten, dass sie ihn mir zu lesen gab. Aber sie hat sich so sehr gefreut, dass eine Schulkollegin
ihres "Lausbuam" plötzlich wieder einmal nach Gurtweil gekommen ist.
Das Foto, das ist übrigens eine Luftaufnahme aus dem Jahr 2007 (Gurtweil, dein/unser Geburtstort) - na, wir zu unserer Zeit haben das noch nicht aus so luftiger Höhe sehen können.

Plötzlich, durch deinen Brief erinnere ich mich wieder an so vieles.
Du weißt noch, ich bin die Ilse aus der 3.Bank hinter Dir?  (dieses Foto habe ich noch von dir, aber das war schon NACH unserer Schulzeit)

Du hast mir einmal einen Frosch in das Schulfach gesetzt und einmal hast du mich
heimlich, ich habe es gar nicht gemerkt, mit dem Schürzenbandl am Sessel angebunden - und als ich schnell aufstehen wolte....na du erinnerst dich noch...die ganze Klasse hat gelacht.
Der Herr Lehrer hat gesagt: "Jordan du bist und bleibst ein Lausbub, mehr wird da nicht daraus werden"!
Na ja, zu mir sagte er ja auch: "Du kannst froh sein, wenn dich ein braver Mann heiratet, wer nimmt schon so eine wilde Henne wie dich"

Du wirst es nicht wissen, aber ich bin seit einigen Jahren Journalistin, da ist es schon ganz gut,wenn man selbst ein bißchen wild ist ...

Aus dir ist ja ein ganz wichtiger Mann geworden. Ich hab das in den Zeitungen verfolgt.
Du hast einen eigenen Orden gegründet und in deinem Brief schreibst du ja, wieviele Niederlassungen der Salvatorianer (so nennt ihr euch) du nun besuchen fährst.In Rom steht ja euer Ordenshaus, tolle Gegend, gleich beim Vatikan

Ja, so schreibst du deiner Mama, mit Flugzeug, Super-Schnellzug oder Auto bist du nun unterwegs - je nachdem, was vernünftiger ist.
 ...Gott sei Dank bist du klüger geworden und quälst dich nicht mehr mit dem Billigsten ab. Deine Mama war oft sehr besorgt, sie meinte, "wenn der Bua so weiter macht, ruiniert er noch seine Nerven...wem soll das nützen"

Du, heute ist doch der Gedenktag des Pfarrers von Ars. Weißt du noch,wie sie uns in der
Schule erzählt haben: SO SOLL EIN PRIESTER SEIN!!!!! Das ist ein Vorbild!!!
Du wolltest ja auch gleich von der Schule ins Priesterseminar, aber bei euch daheim hat ja das Geld nicht gereicht. Ich finde aber, der Umweg über einen normalen Beruf war SEHR GUT. Vielleicht sollte das bei allen Priestern sein: zuerst ein gscheiter Beruf, mit dem sie sich ihr Leben
verdienen könnten. Sie würden dann auch viel mehr vom Leben der Leute mitbekommen ...
(Foto:ja in diesem Alter hast du erst mit dem Gymnasium begonnen, das imponiert mir, ist nicht leicht, wenn man schon 24 ist und einen gestandenen Beruf gehabt hat, wieder mit "Kindern"in der Schulbank zu sitzen...nur um Priester werden zu können)


Aber ich freue mich so, dass DU Deine Sachen dann so vernünftig angegangen bist.
Verzeih,dass ich "Sachen" sage, aber so mit religiösen Gründungen kenne ich mich nicht besonders aus. Ich fand es aber toll, als ich las, du willst etwas auf die Beine stellen, wo sich
alle, alle alle daran beteiligen können, wenn es darum geht, Jesus zu verkündigen
und die Liebe Gottes.
 ..... ALLE wolltest du im Boot haben: Männer,Frauen, Kinder
Hochgebildete, Durchschnittliche, Einfache...
ein APOSTOLISCHES Werk sollte es sein" - gefällt mir sehr,
jeder von uns ein Apostel, jede von uns von Jesus gesandt ....


na gut,wir alle kennen Rom, tut mir leid, dass du das nicht hast genau so umsetzen können...
das hat die wohl geschreckt, dass wir alle Apostel sein könnten!!!!
(was ist dann erst mit dem 1.Petrusbrief, wo wir ja alle als "priesterliches Geschlecht"
tituliert werden???)

Ach, ich schwafle was daher.
Ich will auf so vieles in deinem Brief antworten.
Das was mich am meisten freut: Es spricht so viel Lebensfreude aus dir,
Du quälst dich nicht mehr ab -
Beten ist keine asketische Anstrengung sondern ein Freude:
"wenn ich zb aus dem Zug Fenster schaue" - so schreibst Du.
Ach das finde ich wunderbar. Beten, weil es FREUDE macht

Weißt du,der Pfarrer von Ars hat mich immer total deprimiert. Natürlich fühle ich mit einem Menschen,der sein Äußerstes für Gott gibt - aber ich weiß nicht, ob das ein Vorbild sein kann, wenn dieses Leben in Angst und Panik, in völliger Überfanstrengung und auch Verzweiflung geführt wird.
Und in einer so deprimierenden Armut.
 Gehört das wirklich zur Heiligkeit?
Das würde mir Angst machen .... und ich meide auch Menschen, die MIR Angst machen
Schau, in Wikipedia las ich zb -
Der Pfarer von Ars "stellte die Türen der Tavernen als Tore zur Hölle dar" und sorgte für deren Schließung in Ars. Ferner sprach Vianney sich "gegen die Sünde der Tänze"  aus, die "für ihn das Vorspiel für jede Art fleischlicher Versuchung" darstellten, und verweigerte Gemeindemitgliedern die Absolution, sofern sie das Tanzen nicht aufgaben. „Mangels Ablenkungen gingen die Gemeindemitglieder täglich zur Messe und beichteten häufig“ 
das macht schon Angst, und so ein Priesterbild möchte ich mir lieber nicht als Vorbild ausdenken.
Na stell dir vor, ich ginge nur deswegen jeden Tag zur Messe (was ich tatsächlich fast immer tue, aber immer aus FREUDE!!),

Warum unser Papst i.P (in Pension, Benedikt XV) den Pfarer von Ars als Leitfigur für das Jahr des Priesters genommen hat? Als Journalistin fielen mir jetzt gleich all die Gegenentwürfe ein, die Mißbrauchsfälle in der Kirche...nein, aber das ist jetzt zu billig.

Ein neues Priesterbild bräuchte es!
Ich glaube, auch dazu haben deine Salvatorianer das IHRE beigetragen, dass das Priesterbild ein
menschlicheres geworden ist,
nicht so ein ÜBERHÖHTES, fast Monarchistisches

WIR da oben - IHR da unten.

Den Pater Josef Wonisch von den Salvatorianern in Wien wirst du ja gut kennen, er hat mir einmal so eine schöne Definition in einem blog Beitrag geschrieben, es ging um sein "Priester geworden sein" (siehe Foto, Priesterweihe durch Bischof Weber, Graz 29.Juni 1980)
Josef schrieb - und in seinen Worten findet sich sicher vieles von deinem Denken,
von salvatorianischem Denken

"Rückblickend kann ich sagen, Berufung ist ein Prozess, ein Weg, ein  Einlassen auf die Person und den Weg Jesu. Und ich muss  gestehen: Ein Priester ist kein Engel, - er ist ein Mensch wie andere auch: Selbst ein Suchender, Mühseliger, Beladener, Ringender, Zweifelnder ...Viele – auch ich -  sehen heute den Priester Gott sei Dank nüchterner als je zuvor: Er ist jemand, der unter dem Auftrag Gottes steht wie jeder andere auch; er hat nicht eine höhere, sondern eine andere Berufung. Die Bibel sagt uns: „Derselbe ist der Herr, dasselbe ist das Ziel, anders ist die Aufgabe.“ Grundlegend gemeinsam  ist für uns alle die Berufung zum Christen/ zur Christin durch die Taufe. "

Lieber Johann Baptist, dir will ich einfach einmal in diesem 1.Brief dafür danken, dass deine Salvatorianer so normale Menschen sind. DU hast sie dir sicher so gewünscht: Freundlich,liebenswürdig, mitfühlend, lustig, anteilnehmend... Wie normale Menschen sollen sie unter Menschen leben, eine normale Sprache, nix Abgehobenes. Du schreibst als lustiges Beispiel, Leute hätten dir eine Kette mit der Aufschrift "K.K Hochlöblicher Pfarrer geschenkt"
HOCHLÖBLICH - nein, das ist nicht deine Sprache.
Als Journalistin weiß ich das wirklich zu schätzen.
Und du hast auch total Recht wenn du auf die vielen Werbeplakate verweist.

Natürlich wissen wir, dass die Botschaft darauf die Menschen auch verblöden kann - aber das WICHTIGSTE zunächst einmal: Die BOTSCHAFT muss ankommen, eine Botschaft muss ANKOMMEN - die kann man nicht mit mißmutigem Gesicht verordnen, man muss sich was einfallen lassen,
man muss sich bemühen,
man muss die Sprache der Menschen zuerst selbst bewusst hören und die Sprache dann sprechen...
nur so KOMMT MAN AN

Lieber Johann Baptist, deine Mama hat mir eine deiner Ansprachen an Mitbüder zu lesen gegeben und da sagst du mehr oder weniger wörtlich:
 "zur Erhaltung des Berufes dient auch, dass man stets ein heiteres, frohes Gemüt bewahrt. Sie wissen ja, wie der Psalmist auffordert: 'Servite Domino in laetitia; dienet dem Herrn in Fröhlichkeit!' Psalm 99. Suchen Sie nach Möglichkeit heiter zu sein. Seid also immer fröhlich! Lieber ist mir einer, der in der Übereilung manchmal einen Fehler macht, als wenn Sie (Gott) in Düsterheit dienen. Sie werden durch ein heiteres Gemüt Schwierigkeiten selbst leichter ertragen ... Unterschätzen Sie nie, wie wichtig die Freude ist, um die Botschaft Jesu weiter zu geben"

                                       Foto: SalvatorianerINNEN verstehen was vom Feiern!!!!

Danke, dass du von der FREUDE sprichst - sie ist so wichtig, bei allem was man tut
Freude und Dankbarkeit
Ich lache heute noch über den Frosch,den du mir in die Bank gesetzt hast ....
war wohl auch ein Gruß vom lieben Gott.

Lieber Johann Baptist ich schreib dir demnächst wieder, es gibt ja so vieles, worauf ich in deinem
Brief eingehen will - deine Mama ist mächtig stolz auf dich
wir ALLE
aber das Wichtigste: Du bleibst immer einer von uns,selbst wenn sie dich seligsprechen!
Vergiss uns nicht!


Fiktiver Brief als Antwort auf einen fiktiven Brief,  im Buch
"Pater Jordan als Beziehungsmensch" THE BEST KUNSTVERLAG  (S.323ff)
von Pater Peter van Meijl SDS