Die kleine Irmgard, ein Foto aus dem Kindergarten im Nachkriegs-Wien
Irgendjemand - auch die Eltern wussten nicht "wer" - hat damals vor fast 70 Jahren dieses Foto gemacht und als Titelfoto zu einer Muttertagsstory in der "Wiener Bilderwoche" genommen.
50 Groschen die Ausgabe ....
ja,auch wenn man damals schon ein kleiner Star war - die Zeiten waren sehr kümmerlich,auch wenn das glücklicherweise wohl mehr die Eltern erlitten haben, als wir Kinder gespürt.
Auch wir beide, Irmgard und ich, reden in diesen Tagen immer wieder über "damals" - beide sind
wir 45er Jahrgänge, sie schon Mitte Februar - ich Ende August.
Die kleine Irmgard hat mit den Eltern in Wien gelebt - ich mit meinen in der Steiermark.
Dort war die Not, vor allem die Hungernot - ganz sicher nicht so groß wie in der Hauptstadt.
Die ersten Nachkriegserinnerungen von Irmgard hängen wohl ganz sicher auch mit dem "verköstigen"! zusammen. Wenn die Familie "aufs Land" fahren konnte
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"Viel ist derzeit die Rede von den Ereignissen vor siebzig Jahren, vor sechzig, vor fünfzig… und irgendwo da drinnen taucht meine Erinnerung auf, wie ich an den Ferienort meiner Kindheit gelangt bin.
Das erste Mal dieser Prozedur fand statt, als ich im
zarten Alter von vier Jahren war und wiederholte sich Jahr für Jahr bis weit
ins Teenageralter.
Es waren zu Beginn ärmliche Nachkriegsverhältnisse,
dennoch hatten meine Eltern und ich die Möglichkeit, Ferien in einem Kloster in
N.Ö. zu verbringen, in dem eine Haushaltungsschule untergebracht war, und das
sich mit dem Vermieten von Zimmern ein wenig dazuverdiente.
Was Besonderes!
Die Tafel hat "damals" Irmgards Papa gestaltet!!!!
Es gab natürlich
kein WC im Zimmer, und das warme Wasser mußte aus der Waschküche im Keller (selbstverständlich
ohne Aufzug) geholt und in ein Lavoir gegossen werden.
Unser ‚Privileg‘ war allerdings, daß die Oberin und
Direktorin dieses Mädcheninternats eine weitschichtig Verwandte
mütterlicherseits war. So waren auch bereits Tanten und meine Großmutter auf
Urlaub ‚am Land‘.
Da es sich um eine landwirtschaftliche Haushaltungsschule
handelte, und sich Unterricht demnach auch im Freien abspielte, durfte ich mit
in den Schulgarten, das reife Obst und Gemüse pflücken und gleich Vorort
verspeisen; ein unvergleichliches Geschmackserlebnis.
Doch zurück zum Erlebnis Anreise. Gepackt werden mußte
für drei Personen und ca. vier Wochen Aufenthalt. Mit der Straßenbahn ging’s
zum Westbahnhof, mit dem Zug bis Böheimkirchen. Dann mußten Personen und Gepäck
in den Autobus verfrachtet werden, der uns bis Stössing brachte.
Ja und dort wurden wir vom Eselg’spann erwartet, das die
schwere Last eine damals noch nicht ausgebaute, steinige, steile Straße
hinaufzog. Alles in allem nahezu eine Tagesreise.
Erst Jahre später konnten wir uns einen Bekannten, der
auch Taxi fuhr, für die Hin-und Rückfahrt leisten, oder aber ein Freund der
Familie übernahm die Fuhren. Schließlich hatte das Auto die Esel verdrängt, und
das Ziel konnte in einer knappen Stunde erreicht werden.
Mittlerweile mußte die Schule geschlossen werden, und die
wenigen alten und kranken noch verbliebenen Klosterfrauen wurden auf andere
Häuser des Ordens aufgeteilt.
Gedanken und Erinnerungen austauschen an eine schwere
aber dennoch schöne Zeit ist daher leider nicht mehr möglich.
"….übrigens das Foto mit den Schwestern von Hochstraß entstand vor 5 Jahren, vier Tage bevor ich die zweite Krebsdiagnose bekam – am 9.10.2010. ich hab nachgeschaut, und es war vermutlich auch der letzte Besuch in Hochstraß, ehe alles zu zerfallen begann. Traurige Geschichte."
Aber heute, heute, heute - ist Irmgard gesund
und selbst wenn die eine oder andere alte Schwestern dieser Geschiche vielleicht schon gestorben ist: für den Glauben ihres langen Lebens ist es ein "happy end"