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Sonntag, 26. März 2017

Arthur am Sonntag 10 RICHTIG sehen können Joh.9.1

"Heute kriegt man ja noch gar nicht die Augen auf,"
jammert die Oma - diese Sommerzeit!!!
Sie ist zwar ohnehin eine Frühaufsteherin - aber die Sommerzeit, die mag sie nicht. Jetzt hofft natürlich die Oma, dass der Arthur fragt "Warum magst du die Sommerzeit nicht, Oma?" - aber der wartet nur auf seine Sonntagsgeschichte. Dabei hat die doch auch etwas damit zu tun, "dass man kaum aus den Augen schauen kann".
Da wird von einem Mann erzählt, der auf der Straße bettelt: blind ist er, schon blind geboren. Da läuft das Leben nicht mehr gut. Heute ist das ja anders, aber vor 2.000 Jahren!
Da war man nutzlos für die Gesellschaft und für seine eigenen Eltern nur eine Belastung.
"Blind" - der Arthur weiß schon was das heißt. Wenn er seine Omama im Heim besucht, gibt es
dort ganz viele blinde Menschen - die Omama selbst ist ja "nur" seh-eingeschränkt durch ihre
Augen Makula Erkrankung. Aber viele sind ganz blind. Der Arthur weiß, dass er da ganz gut aufpassen muss am Gang, wenn die Frauen und Männer - vorsichtig an der Gehhilfe an der
Wand tastend - durch die Gänge gehen.

Aber sie finden überall hin, sie sind sogar lustig und
fröhlich. Erst unlängst hat eine Dame dem Arthur eine Schokolade geschenkt: "Bist du ein liebes Kind", sagt sie - dabei kann sie den Arthur doch gar nicht sehen:
aber hören und spüren!
Nein,BLIND muss heute keine Katastrophe mehr sein -
und doch ist es ein schweres Schicksal.
"Stell dir vor, wenn du all die Bausstellen nicht sehen kannst,
die Kräne und die Bagger, die Arbeiter und die Einsatzfahrzeuge: na gut, die könntest du hören. Aber du wüsstest nicht wie deine Mama aussieht oder der Papa.
Du kannst in ihrem Gesicht tasten, du kannst sie riechen und streicheln
und spüren und hören ...aber NICHT SEHEN. Ja, das mag sich der Arthur gar nicht vorstellen,
er der so gerne oft nur FENSTER SCHAUT.
In der Geschichte wird nun erzählt, wie ein anderer Mann diesen blinden Bettler gesund macht.
Der Mann, er hat schon vielen Menschen geholfen, ist mit seinen Freunden unterwegs.
Als die den Blinden sehen, fragen sie:
"Ist der Mann blind, weil seine Eltern vielleicht Bösewichte waren?
War er selbst böse - und wird er deswegen bestraft"?
Wird man blind oder krank oder arm, weil man für irgend etwas bestraft wird? Bleiben die guten Menschen gesund -
und die Bösen geht es schlecht?
Nein, so einfach ist das leider nicht im Leben!
Da gibt es so viele "Böse", denen es hervorragend gut geht - und so viele "Gute", die ganz arm dran sind. ....
Warum? Wir wissen es nicht.
Schau, zum Beispiel die Freundin der Oma, ich erzähle dir doch immer von ihr: die ist nun schon fast 3 Monate im Spital. Hat die was Böses getan? Die hat so viel Gutes für andere getan, Jahre-Jahre-Jahrelang. Na bitte, warum kann DIE nicht pumperlgesund sein?
So oft im Leben wirst du dich fragen "WARUM"

Warum ich? warum ich nicht?
"Weißt du, ich bin jetzt schon so alt", sagt die Oma:
Verschwende dann nicht zu viel Zeit
mit dem WARUM fragen -
nimm die Dinge, wie sie sind, (wenn du sie nicht ändern kannst)
Vielleicht gibt es irgendwann, irgendwann eine Antwort
Hab Geduld!!

Aber noch etwas ist bei dieser Sonntags-Geschichte spannend.
Der blinde Bettler war natürlich überglücklich dass er wieder sehen kann.
Und er war sehr sehr dankbar dafür.
Dass ist nämlich auch wichtig, dass man DANKBAR sein kann. Er hätte ja auch schimpfen können: "NA ENDLICH,
warum ist das nicht schon viel früher passiert!!"
Dann wäre er vielleicht verbittert geblieben, weil er doch
SO LANGE blind war, und ERST JETZT ...
Schau nicht zurück, tu nicht jammern -
schau immer dankbar in die Zukunft!

Ja und dann gibt es Menschen,
die sehen können - und doch nichts sehen
"Wieso sehen die nichts", fragt der Arthur, "ich sehe alles, ich sehe auch die die Vogerl ganz oben am Baum"
 "Dadadada" schreit dann der Arthur immer aufgeregt.
"Ja genau", sagt die Oma, "so viele Menschen sehen gar keine Vogerln mehr, sie sehen keine Blumen,
das ist alles unwichtig für sie, dafür haben sie keine Zeit.
Sie sehen auch die anderen Menschen nicht, mit denen sie in der U Bahn sitzen,
sie sehen nicht, wenn einer traurig ist, sie sehen nicht, wenn einer Hilfe braucht,
sie sind einfach wie blind ...
Und das ist noch schlimmer, als wirklich blind sein. Wenn man auf diese Art blind ist,
dann ist man ein armer Mensch - ja dann muss man auch hoffen, dass einer vorbei kommt,
um einem die Augen zu öffnen!!

"Ich SEHE ALLES"
sagt jedenfalls der Arthur und hebt demonstrativ ein Bröserl vom Boden auf!!
Keck blitzt es in seinen großen Augen :
"Oma,... und .....
WARUM gibt es so viele Brösel?"
"Du, gleich wirds ganz andere "BRÖSEL" geben" sagt die Oma...
aber da rennt der Arthur schon lachend davon.
"Pass auf, schau genau, mach die Augen auf,"
 ruft ihm die Oma nach...

und das ist hier ist für den Arthur, wenn er einmal ganz groß ist - 
Der Dichter Rainer Maria Rilke schrieb 1902 einem jungen Mann, 
der viele, viele WARUM Fragen hatte:

"..ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein."