15.7.2023 Mt.10.24 Gen.49-50 fürchtet euch nicht vor den
Menschen
In den Lesungen aus der alten hebräischen Bibel geht heute die Erzählung von „Josef und seinen Brüdern“ und Ende. Vereinfacht könnte man sagen, es ist eine MUT-Geschichte. So viel Unbegreifliches, Ungerechtes, ja Grausames geschieht – und dennoch nimmt alles ein gutes Ende. Als hätte Jahwe, als hätte Gott von allem Anfang an Regie geführt. Also: „Fürchtet euch nicht“ könnte der Untertitel der Josefs-Erzählung lauten – so wie heute im Evangelium Jesus dreimal eindringlich diesen Satz wiederholt. "Fürchtet Euch nicht!" und Jesus fügt noch hinzu: „Fürchtet euch nicht, ihr seid doch mehr wert als alle Spatzen – und kein Spatz fällt vom Himmel ohne den Willen eures Vaters im Himmel“. Das klingt poetisch schön, aber wir sehen unser Leben wohl meist nüchterner. Da gibt es genug, was zum Fürchten ist: Kriege und Gewalt, eine internationale Politik, die unberechenbar ist, die Wirtschaftslage, die vielen Sorge bereitet. Und da reden wir noch gar nicht von den eigenen Sorgen und Beunruhigungen. Gibt es nicht immer wieder Situationen, wo wir uns wie verlassen vorkommen, wo uns das Leben so schwer ist, wo wir manchmal an dem Sinn von allem zweifeln Können, wollen wir Jesus vertrauen, wenn er uns sagt: Fürchtet euch nicht?
Bitten wir für die Kriegs-und
Krisenherde dieser Welt, für alle Menschen, deren Leben unmittelbar bedroht
ist, für alle, die nur in Frieden leben wollen und doch in schwere Konflikte
verwickelt werden
Bitten wir für alle,
deren Menschenrechte bedroht sind, weil sie anders denken und glauben als es
die Regierenden wollen - bitten wir für alle, die aus Angst vor ihren
Lebensumständen in eine bessere Zukunft aufbrechen wollen
Bitten wir für die
Menschen unter uns, die in ihrem Leben in einer Sackgasse stecken, die ihr
Alltag überfordert, lähmt und müde macht. Für alle, die sich nichts mehr
vom Leben erwarten wollen, für die Enttäuschten, die Ängstlichen, die hart
gewordenen
Bitten wir für alle, die krank sind, die mit einer
unerwarteten Diagnose fertig werden müssen. Bitten wir für alle, die sich vor
einer Operation ängstigen oder nicht wissen, wie es nach einem Unfall
weitergehen soll.
Und für uns selbst bitten wir:
nimm uns die Angst vor neuen Herausforderungen, vor neuen
Situationen
nimm uns die Angst, die Dummen zu sein und mit unserem
Engagement allein dazu stehen
nimm uns die Angst, es nicht allen recht machen zu können
nimm uns die Angst, nicht mehr wichtig und gefragt zu sein
nimm uns die Angst, immer wieder Vertrautes aufgeben zu
müssen
nimm uns die Angst, vor dem Unbekannten in uns selbst
Du guter Gott, nimm uns die Angst vor dem, was Morgen ist. Jeden Tag wieder geben wir unser Leben in deine Hand. Du wirst gut machen und vollenden, was wir aus Eigenem nicht schaffen. Wir wissen es, weil wir auf Jesus vertrauen. Amen
Die Josefs-Geschichte auch im Islam
Auch der Islam kennt die Geschichte von Josef. Ihm wurde die 12. Sure im Koran gewidmet. Sie erzählt wie ihre biblische Vorlage die Geschichte von einem Traum, der in Erfüllung ging, weil Allah hinter allen Wegen und Irrwegen Josefs stand. In Einzelheiten weicht die Sure aber erheblich vom biblischen Vorbild ab. So durchschaut z.B. Jakob das böse Spiel seiner Söhne, das sie mit seinem Liebling Josef getrieben haben, von Anfang an (12,18). Auch die Episode von Potifars Weib weist interessante Eigenheiten auf. Während es in der biblischen Erzählung nicht zu einer ausdrücklichen und öffentlichen Feststellung der Unschuld Josefs kommt, wird diese in der Josefssure geradezu kriminalistisch ermittelt (12,26-29). Andererseits jedoch zeigt der Erzähler auch Verständnis für die Frau des Ägypters. Die Affäre mit Josef, die keine Affäre war, wird – nicht ohne Humor – mit Josefs engelgleicher Schönheit entschuldigt (12,31f), von der die Freundinnen der Frau Potifars sich anlässlich einer Einladung mit eigenen Augen überzeugen konnten. Sie sind von der Schönheit Josefs so geblendet, dass sie sich beim Schälen von Orangen mit den scharfen Obstmessern die Finger blutig schneiden. Das zeigt eine neue Sicht auf Potifars Weib. Sie wird nicht wie im Testament des Josef als Inkarnation des Bösen vorgestellt, sondern als ein Wesen mit menschlichen Schwächen.
Josefs Schönheit (Islamische Malerei; 19. Jh.)
Wie in der
christlichen Auslegung, in der es zu einer Identifikation Josefs mit Jesus kam,
so wird auch im Koran das Geschick Mohammeds mit dem Josefs identifiziert.
Mohammed erfährt in den Konflikten, die er selbst durchzustehen hatte, aus der
Josefsgeschichte Trost und Ermutigung (12,111).