18.7.2023 Ex.2.1 Moses, der sein Volk aus Ägypten führt Wege in die Freiheit führen
In den Lesungen der nächsten Tage steht eine
Zentralfigur der jüdischen Bibel im Mittelpunkt: Moses. Jener mächtige Prophet,
der sein Volk, das jüdische Volk, in einer 40jährigen Wanderung aus der
Sklaverei aus Ägypten führt. Moses gilt als Begründer des Monotheismus - das
erste der von ihm übermittelten Gebot Jahwes lautet: "Du sollst keine
anderen Götter haben neben mir" - und damit als Stifter von Judentum,
Christentum und Islam. Moses gilt in der Tradition auch als Gesetzgeber, dessen Dekalog, die
Zehn Gebote, bis heute Basis eigentlich aller ethische Ordnung ist. Heute wird
im Buch Exodus zunächst die wunderbare Rettung des kleinen Baby Moses erzählt.
Vom Pharao gab es ja den Befehl, alle männlichen Nachkommen der Juden zu töten.
Moses Mutter aber gelingt eine List, sie setzt das Baby in einem Körbchen im
Nil aus – eine Tochter des Pharao findet und rettet das Kind, ja dessen Mutter
wird durch List sogar als Amme bestellt. Der junge Moses wächst sorglos am Hof
des Pharao auf – bis ihm plötzlich die Unterdrückung und Versklavung seines
Volkes bewusst wird. Als Moses sieht, wie ein jüdischer Fronarbeiter von einem
ägyptischen Aufseher erschlagen wird, tötet er diesen. Nun muss Moses aus
Ägypten fliehen – damit endet die heutige Lesung. Erst danach wird er seine
Gotteserfahrung machen, und wird er von Jahwe den Auftrag erhalten, das jüdische Volk aus
Ägypten herauszuführen, hin ins „gelobte Land“.
Zu jeder Zeit gibt es Menschen, die eine prophetische Funktion haben,
und auch wir selbst dürfen sie uns zutrauen. Bitten wir heute
Für alle, die um bessere Lebensbedingungen für andere kämpfen
und bitten wir auch für uns selbst, dass wir wahrnehmen, wenn Gott auch durch uns wirken will, auch heute wieder, dass wir uns unseren Auftrag zumuten - und dass uns unsere Wege in die Freiheit führen
"Die Frage nach der historischen Gestalt des Mose ist vor allem ein Problem der Quellen und ihrer historischen Auswertung. Über Mose berichten ausschließlich biblische Texte und davon abhängige Überlieferungen. ..die jüdische wie die christliche Tradition entwerfen zahlreiche Bilder von Mose, wobei diese der historischen Rückfrage nicht standhalten. So zeigt die Pentateuchforschung dass das Deuteronomium aber auch der Dekalog und das Bundesbuch nicht auf Mose zurückgehen. …damit besitzt die historische Charakterisierung Moses als Gesetzgeber keine Grundlage mehr, sie erweist sich vielmehr als das Bild einer späteren Epoche, das nicht einmal am Anfang der alttestamentlichen Mosebilder gestanden hat.
Doch auch die charismatische Retter- und Führergestalt
des Auszugs verschwindet im Dunkel der Geschichte. Das ist kaum verwunderlich: Die noch greifbaren
Anfänge der uns überlieferten Erzählung vom Auszug unter Moses Führung stammen
sehr wahrscheinlich aus dem ausgehenden 8. Jh. v. Chr. Das sind – setzt man den
Pharao der Unterdrückung mit Ramses II. (1279-1213 v.
Chr.) gleich – knapp 600 Jahre nach dem Auszug. Doch in der Regel tritt
in der mündlichen Überlieferung bereits nach vier Generationen das Erzählte
vollends hinter die Erzählung zurück.
Wie sehr Mose im historisch Ungewissen verschwindet
und dafür das Legendarische hervortritt, zeigen exemplarisch die Notiz über
seinen Grabplatz und die Geburtserzählung.
In der Regel sind Begräbnisplätze feste Orte
der Traditionsbildung. Zum Mosegrab heißt es dagegen, dass sein Ort „bis auf
diesen Tag unbekannt ist“ (Dtn 34,6), was spätere Überlieferungsbildung freilich nicht davon
abgehalten hat, das Grab im westjordanischen, ca. 8 km südlich von Jericho am Rande der
Wüste Juda gelegenen Nebī Mūsā zu lokalisieren,
wo im 13. Jh. eine Kuppel bzw. ein Schrein über dem vermeintlichen Mosegrab
errichtet worden ist.
Die Geburtserzählung ist hingegen eine Adaption der Geburtslegende des 2235-2180 v. Chr. herrschenden Sargon von Akkad. Die Übereinstimmungen zwischen beiden Texten sind frappant .
Die Mütter der späteren Helden müssen ihr Kind, um es zu retten, aussetzen; beide Mütter legen ihr Kind deshalb in ein Schilfkästchen, das sie mit Erdpech abdichten und am Flussufer ablegen; beide Kinder werden zufällig gefunden und von ihren Findern adoptiert und großgezogen. Und natürlich haben beide Kinder eine große und die Geschicke ihres Volkes bestimmende Zukunft vor sich. Man wird damit rechnen dürfen, dass die alttestamentlichen Autoren die in neuassyrischer Zeit stark rezipierte Sargonlegende gekannt haben. Das spricht für eine Ausgestaltung der Mosebiographie in der Zeit des massiven neuassyrischen Einflusses auf Juda und Israel im 8. Jh. v. Chr."