Der Fragebogen von
Max Frisch
1. Sind Sie
sicher, dass Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts,
wenn Sie und alle
Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert?
2. Warum? Stichworte
genügen
3. Wie viele
Kinder von Ihnen sind nicht zur Welt gekommen durch Ihren Willen?
4. Wem wären Sie
lieber nie begegnet?
5. Wissen Sie sich
einer Person gegenüber, die nicht davon zu wissen braucht, Ihrerseits im Unrecht
und hassen Sie eher sich selbst oder die Person dafür?
6. Möchten Sie das
absolute Gedächtnis?
7. Wie heißt der
Politiker, dessen Tod durch Krankheit, Verkehrsunfall usw.
Sie mit Hoffnung
erfüllen könnte? Oder halten Sie keinen für unersetzbar?
8. Wen, der tot
ist, möchten Sie wiedersehen?
9. Wen hingegen
nicht?
10. Hätten Sie
lieber einer anderen Nation (Kultur) angehört und welcher?
11. Wie alt
möchten Sie werden?
12. Wenn Sie Macht
hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen, gegen
den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder Nein.
13. Warum nicht,
wenn es Ihnen richtig scheint?
14. Hassen Sie
leichter ein Kollektiv oder eine bestimmte Person und hassen Sie lieber allein
oder im Kollektiv?
15. Wann haben Sie
aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie's noch? Angabe des Alters.
16. Überzeugt Sie
Ihre Selbstkritik?
17. Was, meinen
Sie, nimmt man Ihnen übel und was nehmen Sie selbst übel, und wenn es nicht dieselbe
Sache ist: Wofür bitten Sie eher um Verzeihung?
18. Wenn Sie sich
beiläufig vorstellen, Sie wären nicht geboren worden: beunruhigt Sie diese Vorstellung?
19. Wenn Sie an
Verstorbene denken: wünschten Sie, dass der Verstorbene zu Ihnen spricht, oder möchten
Sie lieber dem Verstorbenen noch etwas sagen?
20. Lieben Sie
jemand?
21. Und woraus schließen
Sie das?
22. Gesetzt den
Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wie erklären Sie es sich, dass
es dazu nie gekommen ist?
23. Was fehlt
Ihnen zum Glück?
24. Wofür sind Sie
dankbar?
25. Möchten Sie
lieber gestorben sein oder noch eine Zeit leben als gesundes Tier?
Und als welches?
Max Frisch, 1966 Text:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.05.2011, Nr. 19
Samya hat es mir
geschickt