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Mittwoch, 16. November 2022

Fürbitten 17.11 Alles beginnt mit der Sehnsucht

 



17.11.2022   Gertrude von Helfta   2016, 2020

 In der Liturgie der Kirche wird heute eine der großen Frauen des Mittelalters gefeiert:  Gertrude von Helfta. 1256 wird sie in Thüringen geboren, als Klosterfrau ist sie humanistisch und theologisch hochgebildet, sie ist eine der großen Mystikerinnen des Mittelalters.                                                    Was ist Mystik? Es gibt sie nicht nur in allen Religionen, es gibt sie in jedem Leben. Nehmen wir die Definition von Friedrich Nietzsche  „Wo Sehnsucht und Verzweiflung sich paaren, da entsteht Mystik“ Und der große Konzilstheologe Karl Rahner sagte: "Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein, oder er wird gar nicht mehr sein“.  Auf Christen bezogen heißt das: es geht letztlich nicht darum, ein braver Kirchgänger zu sein: letztlich zählt nur das, was die Mystik ausmacht:  die Sehnsucht.            "Alles beginnt mit der Sehnsucht", schreibt etwa die deutsche Lyrikerin Nelly Sachs                          Und in unserem Glauben geht es letztlich um Sehnsucht. Geht es darum, eine ganz persönliche echte lebendige Beziehung zu Jesus zu finden. Gertrud von Helfta hat in ihren Visionen, in ihrer Beziehung zu Jesus das gespürt, was Liebespaare als ganz selbstverständlich empfinden. „Wir sind EINS“  – und sie spürte: Es ist kein „Mit-einander“ – es ist ein „In-einander.  Gott liebt auch uns maßlos.“ Bitten wir heute 


Dass wir nicht brave fromme Pflichterfüller sind – sondern unsere eigene, persönliche Beziehung zu Gott suchen

Dass uns diese Beziehung keine Last ist, sondern wir uns damit leicht und lebendig fühlen, wie Verliebte

dass wir nie Angst haben, aus dieser Liebe Gottes zu fallen – dass wir ihn durch nichts verlieren können

dass wir wissen, dass in dieser Liebe auch all unser Versagen aufgefangen ist, all das, was wir selbst nicht an „gut-sein“ schaffen

bitten wir, dass unsere Liebe auch zu den Menschen mit uns einen langen Atem hat, dass wir geduldig sind, dass wir großzügig sind, dass man sich auf unsere Zuneigung und unsere Treue verlassen kann

bitten wir, dass niemand nach unserer Pfeife tanzen muss, dass wir uns die Menschen nicht zurechtbiegen, wie wir sie wollen – bitten wir um eine Liebe, die einfach nur liebt

So bitten wir dich guter Gott: schenke uns diese Liebe, die unser ganzes Leben trägt und die uns hilft, auch das Leben anderer mitzutragen: so wie wir von Gott getragen sind.  Amen

 

PS Die Frauen in den Frauenklöstern des Mittelalters waren nicht "weggesperrt" - sie hatten gerade dort große Chancen auf Bildung und Eigenständigkeit, man denke nur an Hildegard von Bingen.