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Freitag, 20. März 2020

C Tagebuch Freitag 20.3


FAKTEN


Über 4.000 Tote in Italien, es zerreißt einem das Herz Fast 38.000 infiziert
Über 1.000 Tote auch in Spanien, 20.000 infiziert
Über 1.400 Tote im Iran. Heute feiert das Land Nouruz, Neujahr!!! Wie bitter
Bei uns sind es 10 Menschen, die gestorben sind, 2.388 Infizierte

Die Beschränkungen in unserem öffentlichen Leben bleiben bis Ostermontag, bis 13.April in Kraft Ganz Tirol ist seit Donnerstag Mitternacht in Quarantäne, auch das bleibt so

Die Ausgangbeschränkungen wirken: Laut einer neuen Berechnung mit den Simulationsmodellen der Technischen Universität Wien verdoppelt sich die Fallzahl nun nicht mehr alle zwei bis zweieinhalb, sondern alle vier bis sechs Tage
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Seit 2 Tagen herrliches Frühlingswetter, es lässt einen die Situation besonders unwirklich erscheinen. Schon seit Mittwoch 11.3. fahre ich nicht mehr mit Öffis, das habe ich anfangs als große Mobilitäts- Einschränkung empfunden, in der Zwischenzeit irritiert es mich nicht mehr. Ich sehe meine Enkelkinder nicht, aber stelle mir vor, sie seien 3 Wochen im Urlaub – da erlebe ich sie ja auch nur über WhatsApp. Mehr Sorgen mache ich mir über die großen Kinder (und Schwiegerkinder) – in beiden Familien gibt es durch das nur zu Hause sein doch viel mehr Arbeit. 

Seltsamerweise fehlen mir meine (täglichen) Früh-Gottesdienste nicht – ich stehe wie immer gerne und ohne Wecker früh auf, freue mich auf eine große Runde spazieren gehen – und, nein, ich treffe Gott nicht in der Natur, wir gehen gemeinsam, Wohngemeinschaft rund um die Uhr. Das war aber auch vorher schon. Seit gestern versuche ich mich ein wenig weniger in die aktuellen Meldungen involvieren zu lassen. Der Drang, einkaufen zu gehen, hat total nachgelassen. Ganz im Gegenteil, ich muss mich zwingen, nachzusehen, ob nicht doch etwas fehlt. Nie empfinde ich Einsamkeit, aber das Herz ist mir sehr schwer wenn ich an die Kranken, an die Sterbenden und die Toten – und ihre Angehörigen denke.  

Nein, Europa ist dennoch nicht im Krieg. 
Wir leben in intakten Häusern, unsere Kinder sind nicht in täglicher Lebensgefahr
unsere Lebensmittel Geschäfte sind voll, wer will, kann sich Essen liefern lassen  
wir flüchten nicht vor Bomben und Gewalt - wir sind nicht vertrieben
Vielleicht verhilft uns "unsere Krise" zu mehr Mitgefühl und offeneren Armen
Wenn unsere Regierung sagt: "Jetzt ist es Zeit auch anderen zu helfen" - dann werde ich
wissen, dass diese Krise auch einen Sinn hatte 



"Standortbestimmung:
1. Was tue ich, was ich weiterhin tun soll?
2. Was tue ich, womit ich unbedingt zu tun aufhören soll?
3. Was habe ich noch nicht angefangen zu tun,
was ich schon längst hätte tun sollen?"

"gewöhn dich nicht.
du darfst dich nicht gewöhnen....." Hilde Domin
Jetzt ist die Zeit der ENT-wöhnung,


"Kein Vormarsch ist so schwer
wie der, zurück zur Vernunft."  Bert Brecht
ja auch das tun wir gerade, was die Klimakrise nicht hat erzwingen können .... 
plötzlich geht es. Ein Himmel fast ohne Flugverkehr!!!!


„Um sich selbst zu erkennen,
muss man handeln.“ Albert Camus
"handeln" kann man immer, und wenn es nur darin besteht, eine Situation zu akzeptieren. Viktor Frankl hat es auch gepredigt. "Die Pest" (Camus)wieder lesen!!!


"Glücklich sein heißt,
ohne Schrecken
seiner selbst innewerden können." Walter Benjamin
das allerdings ist in Tagen der Reduktion gar nicht so einfach


"Man muss noch Chaos in sich haben
um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ Nietsche
wer weiß, was am Ende von all dem an Zugewinn steht


"Die Furcht vor der Freiheit
ist stark in uns." - Germaine Greer
aber auch im akzeptieren der gegenwärtigen UN-Freiheit liegt Freiheit. Ich empfinde es so


"Man kann nicht zu neuen Ufern aufbrechen,
wenn man nicht den Mut aufbringt ,
die Alten zu verlassen." André Gide
jetzt sind wir alle dazu gezwungen

"Was für ein herrliches Leben hatte ich! 
Ich wünschte nur, ich hätte es früher bemerkt."  Colette



"Es ist ein Gesetz im Leben:
Wenn sich eine Tür vor uns schließt,
öffnet sich dafür eine andere.
Die Tragik jedoch ist,
dass man meist nach der geschlossenen Tür blickt
und die geöffnete nicht beachtet."André Gide


„GEDULD
ist das Schwerste und das Einzige,
was lernen sich lohnt.
Alle Natur, alles Wachstum,
...aller Friede, alles Gedeihen und
Schöne in der Welt beruht auf Geduld,
braucht Zeit, braucht Stille,
braucht Vertrauen.“ Hermann Hesse


es ist alles zum letzten mal,
wenn wir das einsehen würden,
ginge uns die liebe auf."
....ilse aichinger

„Immer denken wir, das Wesentliche müsse durch unsere Hände gemacht werden. Wenn etwas Entscheidendes in unserem Leben sich ereignen solle, müssten wir selbst etwas tun. Von Früh auf bis Spät sind wir bemüht, uns wichtig zu nehmen, immer angehalten von dem Glauben, dass es auf uns ankomme und dass wir Wesentliches verpassen würden täten wir dieses oder jenes nicht. So geht der Alltag dahin, so ...verrinnen die Tage, so entschwinden die Jahre. Aber wer eigentlich sind wir?
Wie viel Schönheit wird überlagert durch all das, was wir glauben an Pflichten erledigen zu müssen! Wie viel von der Zauberkraft des Herzens geht zugrunde an all dem Gestampfe, Gerenne, Getrete und Gelaufe in unserem Leben, am Platz behaupten, Hinterherlaufen, sich-selber-vorweg-sein!
Wär' es nicht möglich, es reifte das, was wir sind, in unserer Tiefe, und wir könnten's gar nicht erklügeln, nicht beschließen, es wäre nur einfach da?" Eugen Drewermann