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Samstag, 11. Januar 2020

Fürbitten Sonntag 12.1. EINTAUCHEN - in das Geheimnis des Lebens



12.1.2020 Taufe Jesu Mt.3.13 

Mit dem heutigen Fest der „Taufe Jesu“ endet in der Liturgie offiziell die Weihnachtszeit. Der etwa 30 jährige Jesus erfährt bei seiner Taufe durch Johannes am Jordan seine Berufung. Er sieht den Geist Gottes auf sich herabkommen und Jesus hört eine Stimme, die ihm zusagt: Du bist mein geliebter Sohn. Dich habe ich erwählt. Nicht nur für Jesus bei seiner Taufe, auch für uns reißt immer wieder der Himmel auf, auch uns wird gesagt: „Du bist geliebt, dich habe ich erwählt“.  Aber vielleicht, ehe wir die Stimme unserer Berufung hören - müssen wir untergetaucht werden, wie im Fluss Jordan, müssen wir manchmal zuvor den Boden unter den Füßen verlieren. Müssen wir so manche Sicherheit und Selbstgewissheit verlieren. 
So bitten wir heute

lass uns eintauchen
auch unter Tränen
in das Geheimnis des Lebens
in Trauer und Schmerz, in Freude und Hoffnung
bewahre uns dabei vor Bitterkeit und allen geschürten Ängsten

lass uns eintauchen
in das Geheimnis des Lebens
dass wir der Gewalt – wenigstens in unserem Inneren
mit Gewaltlosigkeit widerstehen
bewahre uns dabei vor Bitterkeit und allen geschürten Ängsten

lass uns eintauchen
in das Geheimnis des Lebens
dass wir das Leid der Vielen wenigstens in unseren Herzen mittragen
das Leid in Syrien, im Irak und Afghanistan
das Leid im Nahen Osten, in Afrika und Asien, ja auch mitten in Europa
wo immer in der Welt Menschen Opfer von Gewalt sind
bewahre uns dabei vor Bitterkeit und allen geschürten Ängsten

lass uns eintauchen
in das Geheimnis des Lebens
dass wir immer besser verstehen
dass wir Leben nur gewinnen, wenn wir
loslassen, wenn wir teilen und uns hergeben
lass uns dankbar, gütig und geduldig sein

Beten und bitten wir mit Worten der Dichterin Hilde Domin
So tauche uns ein...  
durchnässe uns
bis auf die Herzhaut.

Doch ... der Wunsch nach der Landschaft diesseits der Tränengrenze
taugt nicht,
der Wunsch, verschont zu bleiben,  er taugt nicht.

Es taugt nur die Bitte,
…dass wir
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem zu uns selbst entlassen werden.
                                                        
Darum bitten wir, guter Gott   lass uns aus den Fluten unserer Sorgen und Ängste immer wieder auftauchen, als Menschen, die zu Frieden und Versöhnung fähig sind. Öffne deinen Himmel über uns, sende uns deinen heiligen Geist. Amen




Hilde Domin, 
Bitte.
Aus: dies., Gesammelte Gedichte.
Copyright: S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1987


Wir werden eingetaucht

und mit den Wassern der Sintflut gewaschen
Wir werden durchnässt
bis auf die Herzhaut
Der Wunsch nach der Landschaft
diesseits der Tränengrenze
taugt nicht

der Wunsch den Blütenfrühling zu halten
der Wunsch verschont zu bleiben
taugt nicht
Es taugt die Bitte
dass bei Sonnenaufgang die Taube
den Zweig vom Ölbaum bringe
dass die Frucht so bunt wie die Blume sei
dass noch die Blätter der Rose am Boden
eine leuchtende Krone bilden

und dass wir aus der Flut
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.