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Sonntag, 4. Dezember 2016

KEIN STEIN WIRD AUF DEM ANDEREN BLEIBEN - WAHLSONNTAG

Es ist ein Sonntags-Früh Ritual - aufstehen, Radio Ö1 aufdrehen
wenige Minuten nach 7.00 die "Erfüllte Zeit" - "Religion" - aber nicht mit "Kasterldenken"
gscheit und klug und weit und offen.
Am Weg ins Badezimmer sind die ersten Sätze, die ich höre:
"KEIN STEIN WIRD AUF DEM ANDEREN BLEIBEN"
Was für eine Assoziation zum Wahlsonntag .....
und dabei geht es doch NUR???? um einen HARMLOSEN BIBELTEXT



Es sind Worte aus dem Matthäus Evangelium, Kapitel 24. Es ist die letzte Rede, die Jesus an seine Anhänger richtet, die sogenannte Endzeitrede auf dem Ölberg, ehe dieser Jesus Stunden später gekreuzigt werden wird. Jesus beschreibt ein Welt-Szenario in dem "kein Stein auf dem anderen bleiben wird ...eine tiefe Spaltung wird auch durch die Gesellschaft gehen..."
Im Radio macht sich dazu Michael Chalupka, der Direktor der evangelischen Diakonie Österreichs seine Gedanken:


"Was für Zeiten. Es wird gelogen und betrogen. Gerüchte werden gestreut. Kriege grollen in der Ferne. Menschen flüchten. Der Bürgerkrieg wird beschworen. Angst grundiert den Alltag. Und die Verführer schmeicheln mit sanftem Lächeln. Sie wissen, wie es geht. Sie spielen die Rolle des Erlösers perfekt.
Zeiten des Umbruchs sind Zeiten der intellektuellen und moralischen Unordnung. Was recht war und billig, scheint zu schwanken und nicht mehr so recht zu passen. Das Recht wird missachtet, Gerechtigkeit ist nur mehr eine Reminiszenz. Weil das so ist, wird die Liebe in vielen erkalten. Eine Spaltung geht durchs Land. Die einander vertrauten, verraten und hassen einander.

Kein schönes Land in dieser Zeit, als der Evangelist Matthäus Jesus zu seinen Jüngern über die bevorstehende Zeit der Bewährung sprechen lässt. Der Evangelist schreibt für eine Gemeinde, die miterlebt hat, wie im Jahr 70 der Tempel in Jerusalem zerstört wurde und die römische Besatzungsmacht sich über das Aufbegehren des jüdischen Volkes blutig hinweggesetzt hat. Sie kennt auch die moralische und intellektuelle Unordnung, die eine solch krisenhafte Situation mit sich bringt – vor allem auch für die eigene Gemeinde, in der viele zu zweifeln beginnen und sich arrangieren. Wer könnte es ihnen verdenken. Sie haben Angst. Sie werfen sich denen an den Hals, die ihnen Sicherheit versprechen und mit einfachen Antworten bei der Hand sind.

Jesus warnt vor den falschen Propheten: „Seht zu, dass euch nicht jemand verführe. Es werden viele kommen unter meinem Namen.“ Er erinnert damit an das 2. Gebot. „Niemand soll den Namen des Herrn missbräuchlich für seine Zwecke verwenden.“ Der erste Teil der Gerichtsrede Jesu ist eine nüchterne Analyse, wohin es führt, wenn die einfachen Regeln des Zusammenlebens missachtet werden. Wenn nichts mehr gilt. Wenn Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft für die Bedürftigen nicht mehr gelten und die goldene Regel „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu“ außer Kraft gesetzt ist. Dann wird die Liebe in vielen erkalten.

Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig. Keiner muss sich den sanften Verführern ergeben, keine muss sich in die Spaltung begeben. Im Gegenteil, wer beharrt bis ans Ende, der wird selig. Wer festhält an der Nächstenliebe, wer festhält an der jesuanischen Geschwisterlichkeit, wer beharrt darauf, dass der Mensch nicht des Menschen Wolf ist, sondern einer des anderen Hilfe und Schutz – der wird selig. Wer mitten in der moralischen und intellektuellen Unordnung der Krisen-Zeiten beständig bleibt in der Liebe und im Glauben an das Gute im Menschen, wird selig.

Am Schluss der Gerichtsrede wird Jesus klarstellen, was es heißt, in Zeiten der Angst und Verwirrung sich und ihm treu zu bleiben: Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben, durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben, ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan".


http://oe1.orf.at/artikel/458076

Viel mehr kann man zu diesem Wahlsonntag nicht mehr sagen.


"Verzweiflung über die Zustände ist keine Antwort.
Autoritarismus zu bekämpfen,
Lügen zu benennen
ehrenhaft und anhaltend im Namen unserer Ideale zu kämpfen -
das ist das, was zu tun ist.
Das ist alles, was zu tun ist"

David Remick, Chef "New Yorker"