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Dienstag, 8. September 2015

Lieber Pater Jordan, SIE verstehen es sicher, aber die Anderen????? SDS 31

Foto Eva Filice

Lieber Pater Jordan,

Ja, HEUTE denke ich ganz besonders an Sie - ein Mutter Gottes Fest ist das heute,
"Mariä Geburt" - und ich denke, es ist doch
für sie ein wirklicher FESTTAG.
Zwar "weint" die Rose im Bild ein wenig, aber ich stelle mir vor, , nein, es sind keine Tränen, vielleicht sind es Tautropfen, ein neuer Tag, etwas Neues beginnt.....
Sie, Pater Jordan, 
sind doch am 8.September 1918 gestorben 
Nicht in ihrem Ordenshaus in Rom - sondern in der Schweiz, in Tafers.
Bedingt durch den 1.Weltkrieg haben sie ja quasi im Exil gelebt.
Gestorben sind sie nur knapp 3 Monate nach ihrem 70.Geburtstag.
Ich habe auch erst vor wenigen Tagen meinen 70er gefeiert - aber ich denke, heute ist man subjektiv
etwas "jünger" als sie und ihre Generation es damals waren ...
Aber ehrlich gesagt, vielleicht klingt das makaber, es würde mich eigentlich nicht besonders "stören", würde ich auch schon sterben. Meine kids hören es nicht gerne, wenn ich meist lachend sage "Versprecht es mir, weint ja nicht....ab einem gewissen Alter zumindest, ist Sterben kein Grund zum Weinen ....erstens habe ich ein wunderbares Leben gehabt, zweitens bin ich sowieso ur neugierig, was DANN ist - drittens, ich muss nie mehr zum Zahnarzt ...und stellt euch bloß vor, wenn es das wirklich gäbe .... Gott von Angesicht zu Angesicht..."
Aber die "Kinder", 32 und 28 Jahre alt, finden Mamas Gerede nicht lustig ...
ich glaube SIE, Pater Jordan, verstehen  mich wohl viel besser.
Was für ein Genuss muss es sein - wirklich "GEHEN" zu können, abschließen,
"es gut sein lassen" - Ja, das scheint mir das Entscheidende
"ES gut sein lassen" 

 Bild Sr.Heidrun Bauer SDS

Pater Jordan, sie selbst haben es sich im Leben nie leicht gemacht.
Immer war da eine Last - auch die Last der "Berufung" -
die Last der Bürokratie und der kirchlichen Behörden, die einen hindern, das umzusetzen,
von dem man im Innersten überzeugt ist, dass Gott es will
Die Last des Ordens ....die Verantwortung für so viele Menschen,
Wie sehr haben sie sich auch immer wieder mit der Frage gequält;
 "Ist es SO, wie es läuft überhaupt richtig?"
Müsste es nicht doch noch anders sein? - habe ich etwas falsch gemacht?
Sollte ich etwas ändern?
Sogar an eine Ordens-Neugründung haben sie gedacht!
Entscheidungen sind ihnen schwer gefallen - das spricht für sie, denke ich.


Mein Papa sagte immer:
"Nur die Dummen wissen immer gleich,
was RICHTIG ist"
Ich sehe,sie lachen jetzt -
ja ein bissl gehöre ICH zu den Dummen.
ICH brauche nie lange für eine Entscheidung -
und so manche von diesen Entscheidungen, na ja.....
meist bete ich dann im Nachhinein "Lieber Gott,
mach DU das Beste daraus..."

Ja, SIE haben sich oft sehr gequält -
haben vieles schwer genommen -
vermutlich war das wohl auch manchmal
eine Qual für ihre Gemeinschaft.
Wissen sie, - blöde Floskel, heute wissen sie es ganz sicher - man kann einen Menschen sehr sehr
schätzen, sehr lieb haben, man kann ihn sogar für einen Heiligen halten: und trotzdem nervt er einen. Oder wird für eine Gemeinschaft zur Belastung. Einige Mitbrüder dürften so ähnlich empfunden haben. Jedenfalls, sie wissen es ja, ihr Rücktritt 1915 war schon auch ein bißchen gemobbt im Hintergrund. Samt vatikanischem Gesandten.

Ich habe nämlich die Bücher von ihrem Pater Peter van Meijl richtiggehend "verschlungen". Ein mutiger Historiker - nicht alle im Orden werden vielleicht mit ihm ihre Freude haben?
Mir jedenfalls gefällt es, wenn man um die Dinge nicht herumredet, sie nicht schönredet, kein frommes Schweigen drumherum...
Ja ich denke lieber P.Jordan, man hat sie damals, Oktober 1915,
richtiggehend "abgesagelt" -  ihnen nur eine kleine Chance gegeben, das Gesicht zu wahren. So sind sie zwar letztlich selbst als Leiter des Ordens zurückgetreten -
aber waren doch überrumpelt von den Ereignissen,überrumpelt von einigen Mitbrüdern.
Was muss das für eine Kränkung gewesen sein -
aber - ABER war das nicht großartig, wie sie plötzlich eine so schwere weitreichende Entscheidung fast locker und in aller Kürze getroffen haben
Wie wächst man da über sich hinaus ... manchmal zuvor hatten sie schon im Zorn angedeutet, für den Fall, dass .... da würden sie Dinge auf den Tisch legen ...(so ähnlich halt)
aber als es dann so weit war - waren sie ein Heiliger - in meinen Augen ganz sicher.


(Erst vor wenigen Tagen hat eine Politkerin, die man auch abgesagelt hatte, in ihrer Kränkung einen
ziemlich harten Schritt gemacht ....Kränkungen sind nicht leicht wegzustecken..)
SIE jedenfalls  haben das so vorbildlich gemacht ....
Pater Peter hat ja auch dieses spannende Büchlein geschrieben:
Wenn das GEHEN kommt.

Pater Jordan, sie wissen ja, jetzt haben wir sogar einen Papst, der zurückgetreten ist, der in Pension gegangen ist - ein historischer Schritt - und - (was immer auch die Hintergründe waren) - eine großartige menschliche Leistung und ein
Beispiel für uns alle
Ich hätte gerne, dass man auch sie lieber Pater Jordan zum Fürsprecher macht für alle, 
denen das LOSLASSEN noch schwer fällt ....
Männer tun sich da ja vieleicht besonders hart

Rom hat sie als Ordensgründer und Mensch nicht einmal noch für "selig" erklärt - persönlich ehrlich gesagt, brauche ich dazu keine formelle Erlaubnis: sie wissen,wie viel ich mit ihnen rede, wieviel Rat ich mir hole und
dass ich auch erst vor kurzem einen ganz großen Schritt geschafft habe - "in Rücksprache"auch mit Ihnen
Nein,nicht meine Pensionierung war das Probelm des LOSLASSENS:
das war ein Genuss, so gerne ich im ORF war
Aber schwer wirklich schwer war für mich etwas ganz Banales:
Als mein Sohn heiratete und mit seiner Frau begann, eine Wohnung,die beide von mir bekommen hatten, neu zu planen und von Grund auf zu renovieren: da wars für mich ja selbstverständlich,
"dass die Mutter da mitredet". Die sind ja noch "Kinder", die können das doch NIE...
Aber in wenigen Worten hat mein Sohn gesagt "Nein Mama, WIR machen das ALLEIN"
SIE wissen, wie zornig ich war - "alles, alles wird schief gehen" gings mir durch den Kopf,
"die Beiden werden sich da niemals heraussehen"
Aber meine wunderbare Tochter hat mir mit wenigen Worten den Kopf gewaschen:
"Tiger dich nicht in deine Wut, Mama. Lass los, es wird ein Genuss sein"
... und in Kürze war es wirklich ein großartiger anhaltender Genuss
Ja, auch Sie habe ich innerlich gebeten, Pater Jordan :"Bitte helfen sie mir beim Loslassen"
(und WIE Sohn und Schwiegerkind alles geschaff haben, ich hätte es nicht annähernd so gekonnt!)

LÖSLASSEN - LOSLASSEN
Viele von uns sind so um die 70 - und auch noch älter
"SENIORATSZEIT" nennt Pater Peter das in seinem Büchlein
Da muss ich lachen - jedes Mal, wenn ich an diesen Begriff stosse
Wie vornehm und wichtig das klingt!!!
Typisch Mann? Typisch Männer?
Muss es dann auch noch ein edel klingender Titel sein?
"Hallo! ich bin eben in meinem Seniorat"!
Also - ich
ich bin einfach dabei, ALT zu werden
vielleicht BIN ich auch schon alt
genießen wir es doch einfach "ALT" zu sein
kein großes Trara
ist einfach so: zerst ist man jung - dann ist man alt
Und da, neben uns, sind ja auch schon die Jungen ..die, die es weiter führen werden
anders machen werden ...es gut machen werden....
treten wir den Schritt zurück - seien wir wohlwollend im hintergrund zur Stelle
falls...falls wir gebraucht werden (übrigens "beten"kann man immer unaufdringlich!)

 (Bild  Heidrun Bauer SDS)
Mein kleiner Enkelsohn, der bald zur Welt kommt
der hat gerade "sein erstes Sterben" vor sich:
aus der großen Sicherheit JETZT im Bauch seiner Mama
wird er ziemlich brutal hinausgestossen  werden -
aber er wird hineingeboren werden in etwas ganz
WUNDERBAR NEUES
keine Ahnung davon hat der Kleine jetzt noch, zusammengeschrumpelt im Bauch seiner Mama
Aber DANN: wird er seinen ersten Schrei machen und
hallo ...danke lieber Gott ....Etappe 2 beginnt!

ja, und WIR?
Wir haben dann unser "kleines zweites Sterben" vor uns

keine Ahnung haben wir JETZT ...
ganz einfach wirds schon nicht sein
aber - ich finds auch wahnsinnig spannend
und je weniger wir DANN noch "in der Hand" haben
desto leichter
wird wohl das "hineinflutschen" in unsere neue Wirklichkeit sein
ein tiefer, tiefer Atemzug wie die Babys ... und DANN ....

Bild Sr. Heidrun Bauer SDS

PS "Mama, und wenn DANN - NIX ist?" fragen meine Kinder manchmal
     Ich sage, "dann war ALLES, was WAR und jetzt ist - dann war es GANZ GUT SO
     Keine Sekunde hätte ich anders gelebt - ich war glücklich mit dem,woran ich geglaubt habe
     Das kann mir auch kein "Nichts" nehmen
     aber ihr werds schon sehen, Kinder .....und geweint wird nicht!!!! Versprochen?