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Mittwoch, 12. August 2015

SDS Salvatorianer 25 - das "Gelobte Land" wirst du nicht sehen

manchmal gibt es liturgische Lesungen, die mir spontan die Tränen in die Augen treiben.
Nein, ich bin nicht "nahe am Wasser gebaut" - pragmatisierte Heulsuse bin ich auch keine.
Aber die Geschichte heute in der 1.Lesung - aus der jüdischen Bibel - Deuteronomium 34.1,
sie schnürt mir immer ein wenig den Hals zu.
Lange vierzig Jahre lang hat Moses das jüdische Volk durch viele Höhen und Tiefen geführt und den Israeliten im Vertrauen auf Jahwe das "Gelobte Land" verheißen. Nun ist es FAST so weit.
Mission erfüllt ... Aber Moses, der große Führer seines Volkes, er, der "von Aug zu Aug" mit Gott verkehrt hat - von DU zu DU - Moses stirbt, EHE er in das Gelobte Land ziehen darf.
Gott lässt ihn "auf dem Nebo, dem Gipfel des Berges Pisga gegenüber Jericho" dieses Land, das "Gelobte Land" noch sehen - Gott verspricht dem Moses, dass es dort für das jüdische Volk weiter gehen wird - aber Moses selbst wird dieses Land nicht mehr betreten.
Das ist eine so starke Geschichte, jenseits von aller "Religion" - es ist die Metapher und die symbolische Geschichte von uns allen.

Vielleicht gibt es jemand, der das Gefühl hat, er hätte im Letzten erreicht, was er angestrebt hat...
aber ich selbst mache in meinem kleinen banalen Alltag ganz andere Erfahrungen. Durch
nun immerhin auch schon fast sieben Jahrzehnte.
Ich bin gegangen, gegangen, gegangen - schon früh,ganz kindlich - in diesem großen Vertrauen
auf das "Gelobte Land" - und immer, immer, immer wieder habe ich die Erfahrung "am Berg" gemacht: letztendlich ist mir so vieles aus der Hand genommen worden, musste ich
loslassen ...musste "es sein" lassen ...
nein, noch bin ich nicht gestorben, aber es gibt diese vielen vielen kleinen "Tode" -
in denen man loslassen muss, was einem doch verheißen schien,
was einem versprochen schien - persönlich von Gott versprochen


Kein Wunder, dass ich heute besonders an diesen
Pater Jordan denke.
So früh in seinem Leben hatte der junge Johann Baptist, (1848 in eine ganz arme Familie hineingeboren),
hatte der Junge dieses ganz starke Gefühl,
"Gott hat mich zu etwas Besonderem berufen". 
Und Jordan ist von Jahr zu Jahr überzeugter, dass er
 - im Auftrag Gottes -
ETWAS ins Leben rufen soll,
"ein Werk" gründen soll.
Unter großen Schwierigkeiten holt Jordan höhere Schule und Studium nach -
immer mit dieser EINEN Vision vor Augen: Er will ein weltweites WERK gründen,
um überall die Liebe Gottes, die Liebe Jesu zu verkünden.

Obwohl selbst so gut wie mittellos gelingt es Jordan, seine Vision zu realisieren. Aber -
und da beginnt wohl schon sein erstes LOSLASSEN MÜSSEN -
mit vielen Abstrichen von seinen ursprünglichen Plänen.

Jeder von uns weiß, was das heißt, eine ganz konkrete Idee zu haben - und dann kommt eine Behörde und sagt
"Na, so wird das nix. So passt das nicht in unser Schema..."
So ging es dem P.Jordan mit den vatikanischen Behörden
 - aus seiner Idee einer freien offenen
APOSTOLISCHEN Lehrgesellschaft
(apostolisch: einer Gesellschaft in der Männer und Frauen,
Laien und Priester gleichermaßen zur Verkündigung
befähigt sein sollten) -
wird letztlich - durch den Willen der römischen Behörden -
ein ORDEN,
ein weiterer Orden, wie es schon so viele Orden gibt ...

Wie muss Jordan innerlich empfunden haben - wie großartig seine Leistung, jetzt nicht enttäuscht und zornig alles hinzuschmeißen und zu sagen:
"Na dann nicht, Freunde"
Ja, das "Gelobte Land" - seine apostolische Lehrgesellschaft,
das konnte Jordan selbst nicht betreten.
Jorden durfte einen Orden gründen,

unzählig Gutes ist aus diesem Orden hervorgegangen -
auch wenn Jordan selbst immer wieder Zweifel hatte,
 ja sogar über die Idee grübelte, einen neuen Orden zu gründen,
weil ihm schien, dass in dem, was nun als "Salvatorianer" Orden geführt wurde, nicht ALLES so war,
wie ER, der GRÜNDER es wollte...
wie innerlich qualvoll muss das für einen sein ...
 und doch ist es wohl der Weg,
genau DER Weg,
den Gott führt

Auch Moses hat seine Probleme mit dem eigenen Volk, auch gegen Moses murren die Israeliten,
auch Salvatorianer hatten im Orden selbst noch zu Lebzeiten P.Jordans andere Vorstellungen als der Ordensgründer selbst ....
Ja, manchmal scheint das tragisch
ABER - so ist das -
man setzt etwas in die Welt -
und dieses ETWAS beginnt EIGENSTÄNDIG zu werden
Man kann nicht mehr alles in der Hand haben
Gott führt dich noch auf den hohen Berg: "schau, da unten....GUT wird es weitergehen,
aber du, du lass los jetzt ....."
Ich denke als Mutter: man bringt sein Kinder zur Welt - und muss sie doch loslassen,
hinein in ein Leben, das man sich vielleicht anders vorgestellt hätte ....
aber schon damit tut man den Kindern Unrecht

Ich darf nur "zur Welt bringen" -
dann muss ich im Vertrauen leben, dass ES GUT IST
dass Gott führt - oft entgegen allen meinen Vorstellungen
ja, ich dürfte mir gar nichts "Anders vorstellen" -
eigentlich ist es respektlos
gegenüber dem immer wieder neuen Leben

Schon sehr früh hat mich der Satz von P.Jordan, kurz vor seinem Tod, berührt:

"ANDERE WERDEN KOMMEN 
UND 
UNSERER LEIDEN EINGEDENK SEIN
UND
WEITERARBEITEN"

Ja, genau das ist die Moses Erfahrung -
 und wenn es noch so weh tut - 
ANDERE werden kommen 
und sie werden es auch
ANDERS machen
und doch ist es - 
GUT SO
Das ist das Vertrauen in das "Gelobte Land"
Mein Vertrauen in das "Gelobte Land"
Wie gut, dass Gott selbst dorthin führt