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Dienstag, 4. August 2015

nur so - vertrau der tränenspur und lerne leben.....

früh und abends habe ich meine Rituale - natürlich halte ich sie nicht stur ein, aber
wenn ich die Zeit habe (und es "innerlich" stimmt) dann tue ich es.
Seit meiner Gymnasiums-Zeit sammle ich "Zitate" -  
Ich habe in Büchern gelebt, habe wohl zu den komischen Kindern gehört, die fast ganz in ihrer Fantasiewelt leben. Bei mir waren es keine Elfen, Feen oder Molche oder was es sonst so gibt ...
ich habe mir - angeregt durch das viele Lesen - viele viele verschiedene Leben ausgedacht.
Ich war immer 100 ANDERE, - nein, Prinzessinnen waren keine dabei -


doch EINMAL, aber da war ich eine Königin.
Ich wurde wie immer nach dem Wochenende am Land mit dem Auto wieder zurück ins Internat gebracht - es war eine fast schnürlgerade Landstraße, links und rechts Äcker, Äcker, Äcker - 
Kukkuruz habe ich am liebsten gehabt - und wir fuhren da mit dem Auto, und immer war mir übel beim Autofahren - bis heute bin ich nicht gerne "Mitfahrerin"
und da hatte ich einmal, an das erinnere ich mich ganz stark, da hatte ich einmal die Vorstellung, ich wäre die britische Königin und das alles wäre MEIN Land - und ich habe mir vorgestellt, wie
ich das ganze Land verschenke, weil: was soll denn ich damit anfangen ...
und ich habe mir ausgedacht, wie sich arme Familien freuen werden, wenn ich ihnen die Äcker schenke...aber dann waren wir schon wieder im Internat in Wien...

ich war in meiner Fantasie aber meist auf der "Verlierer-Seite". 
Ich hatte da nie ein großes Haus mit swimming pool (gabs das damals schon?) 
nie war ich ein reiches Kind und ohne Sorgen
vielleicht hatte ich eine "kranke" Fantasie.
ich war immer arm, ich war so arm und hungrig, wie es uns die Schwestern im Internats-Schlafsaal von den "armen Kindern in Afrika" vorgelesen haben - manchmal habe ich geweint, weil
ich so arm war .... aus der Fantasie ist wenigstens später die Selbstverständlichkeit geworden,
irgendwas zu tun, viele viel Jahre war ich bei einer Selbstbesteuerungs-Gruppe ... sicher
ein logischer Schritt heraus aus meinen Kinderfantasien.


Aber jetzt bin ich ja schon ewig weg vom Thema. Von Zitaten will ich schreiben - von dem, was ich mir schon als Kind aus Büchern herausgeschrieben habe. Immer wieder habe ich dann solche Sätze gelesen ...und bis heute - jetzt sind es nicht mehr Schreibhefte - habe ich "Zitate" in PC Ordnern gesammelt. Bei facebook gelandet, - wieviele Jahre ist das schon her? - habe ich begonnen, fast jeden Morgen, solche Zitate zu posten -

ohne viel nachzudenken, alles was mich "anspringt" - was irgendetwas in diesem Moment in
mir auslöst. Oft komme ich dann erst - durch die Auswahl - einem Gefühl auf die Spur, das
ich eigentlich verdrängt habe.

heute ist es Paul Celan:
vertrau der tränenspur
und lerne leben

warum "springt"mich gerade DAS an?
ich bin momentan nicht traurig, ich kenne mich,wenn ich traurig bin.
Aber ich spüre, dass hinter der "tränenspur" für mich ein anderes Wort wartet,
etwas, was ich nicht denken will, was ich wegschiebe

für mich müßte es heißen


vertrau deiner ANGST-Spur
und lerne leben


immer noch sitzen viele Ängste in mir - 
natürlich laufe ich nicht angstzitternd durch die Gegend
natürlich bin ich lustig, unbekümmert und in meiner Lebendigkeit nicht eingeschränkt
"arbeitsfähig-liebesfähig-leidfähig": so eine Definition,ich glaube sogar der WHO
für GESUNDHEIT
ja ja das bin ich
und doch weiß ich, dass viel Angst in mir ist


und so komme ich zum zweiten Teil der "Zitate", denen, die ich am Abend noch im Bett lese.
Willkürlich zupfe ich mir ein Buch aus den vielen Büchern, die ich auch rund ums Bett 
in Regalen habe. Henri Nouwen kommt mir diesmal unter, der niederländische Priester der seine prestigeträchtigen Uni Karrieren, ua auch in Oxford, aufgegeben hat, um in einer der Behindertengemeinschaften "Arche" zu leben - in Daybreak in Toronto. 
Nouwen war als spiritueller Lehrer international gesucht,und doch selbst auch von vielen Ängsten geplagt. 
Unwillkürlich schlage ich sein Buch dort auf wo er schreibt: 
"Wann beginnt die Umwandlung unsres Lebens?
Das Neue beginnt, wenn wir die vielen Dinge, Menschen und Ereignisse nicht mehr als eine endlose Kette von Anlässen zur Sorge empfinden, sondern dass wir anfangen, sie als bunte Vielfalt der Möglichkeiten zu erfahren, mit denen Gott uns seine Gegenwart spüren lässt."

im Psalm 65 heute früh im Brevier lese ich dann
"Du krönst mein Jahr mit deiner Güte - deinen Spuren folgt Überfluss"

So hantle ich  mich halt dahin, an "meinen Zitaten" 



                                                              alle Fotos: Maria Stachl