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Samstag, 23. August 2014

nein, - "den Krebs" nicht verstecken

                                                         Krebs - Rehab Zentrum Sonnberghof

es ist nach Mitternacht. Mit meinen Kindern Jakob und Julia (bald Schwiegertochter) fahre ich mit dem Taxi von der Innenstadt nach Hause. Familienfest - standesamtliche Trauung der Tochter ...wir sind noch ganz beschwingt, auch müde .... beim Taxler schrecke ich hoch! Eine bellende fast unverständliche Stimme, den "Ausländerakzent" kann ich nicht erkennen, er scheint sich auch ein paar Mal zu verfahren .. du meine Güte denke ich mir, ist der betrunken? Wir schweigen alle angespannt. Da sagt der Mann - sicher an die 70: "wissens ich hab Kieferhöhlenkrebs" gehabt ....
drum rede ich so". Vor einem Jahr war die letzte Operation, er wirkt nicht verbittert, ist dankbar, dass er keine Schmerzen hat, Taxifahren will er, solange es geht. "Krebs hat man halt", sagt er ....
vor 18 Jahren hat er zum letzten Mal geraucht. Ich erinnere mich sofort an meine Freundin Irmgard, Zungenuntergrundkarzinom, nie geraucht, nie getrunken.
Heute früh finde ich im mail - völlig überraschend - eine neue Geschichte von ihr.
Nein auch sie hat sich mit dem Krebs nicht versteckt.
Irmgard ist mit ihrer LEIDENSgeschichte sogar zu so etwas wie einer Werbetägerin geworden,
hilft mit ihrem Schicksal Anderen.

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 ‚Werbeträgerin‘  für ein Krebsrehabilitationszentrum.

Ist es zulässig, diese beiden Begriffe in einem Atemzug zu nennen?  Darf ich mich als ‚Betroffene‘  selbst so bezeichnen, bzw. als Werbeträgerin titulieren lassen; wo doch Werbung mitunter negativ besetzt ist oder als lästig empfunden wird und immer einen kommerziellen Anstrich hat.
In Ermangelung eines ‚besseren Ausdrucks‘,ja. Und ich stehe dazu. Denn diese Werbung verfolgt -ohne  irgendeinen kommerziellen Gedanken – nur ein positives Ziel:  an Krebs erkrankte Menschen auf eine Institution aufmerksam zu machen, wo ihnen mit Achtsamkeit begegnet wird, ihre Probleme ernst genommen werden und mit medizinischen und therapeutischen Mitteln  versucht wird, sie in ein ‚normales Leben‘, in ihren Alltag  zurückzubegleiten. Und das alles am Beispiel meines eigenen Schicksals.
Zweimal  Zungengrundkarzinom, und nach dem zweiten Mal dreißig Bestrahlungen, die im Februar 2011 abgeschlossen waren. 

Bereits im April besuchte ich zum ersten Mal den Sonnberghof Bad Sauerbrunn, beschloss drei Wochen zu bleiben und verlängerte eine weitere Woche, denn das Gebotene tat gut. Nicht nur die Behandlungen, nicht nur die Therapeuten und Menschen im Rehab-Zentrum, auch "das Ambiente" ist zum Rundumwohlfühlen



Kurz darauf wurde ich vom Ärzteteam gefragt, ob ich bereit wäre, in einem Fernsehbeitrag für ‚bewusst gesund‘  über meine Krankengeschichte zu sprechen, um mit dem gelungenen Verlauf meiner fortschreitenden Rehabilitation Betroffenen Mut zu machen und ihnen den Schritt ‚vom Überleben zum Leben‘ etwas zu erleichtern. Im September wurde einen Tag lang im Sonnberghof gedreht, im November  wurden  komprimierte sieben Minuten, entstanden aus unzähligen Einstellungen,  gesendet.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt war klar, daß ich durch dieses Outing zu einer ‚öffentlichen Person‘ geworden bin, nicht, weil ich eine Misswahl  oder einen Preis gewonnen habe oder durch irgendein herausragendes Ereignis öffentlich aufgefallen bin, sondern dadurch, daß ich bereit war, mit dem Verlauf und der Bewältigung meines gesundheitlichen Schicksalsschlages an die Öffentlichkeit zu gehen, zu meiner Erkrankung zu stehen und Ansprechpartnerin zu sein für Betroffene, aber auch für Ärzte und Therapeuten, einfach für alle, die das Gespräch mit mir suchen;  
ja, sehr wohl Werbeträgerin, aber für eine gute Sache.